Full text: Der Marineoffizier

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der Kommandant „alle Mann auf, klar zum Manöver“ pfeifen und 
Bramstengen und Ragen an Deck nehmen. Das Schiff stampfte 
bei dem immer wachsenden Seegang ganz gehörig, und bei dem 
jedesmaligen Einhauen des Bugs drangen grüne, dicke Wasserstrahlen 
vorn durch die Klüsen ein und durchnäßten die Batterie; an Deck 
dagegen kam ein Spritzer nach dem anderen in hellem Sprühregen 
über. Als ich daher kurz nach 12 Uhr nach vorn gegangen war, 
um die Vordeckswache zu übernehinen, wurde ich recht unangenehm 
begrüßt, indem eine See, blendend weiß und klatschend, sich in einen 
Sprühregen auflösend, über Deck kam und mich durch und durch 
durchnäßte. So ging es dann stundenlang in einem fort, sodaß ich 
zuletzt keinen trockenen Faden mehr an mir hatte. Der Himmel 
hatte eine graue Bleifarbe angenommen; die Brise war bis 4 Uhr 
so gewachsen, daß die portugiesische Korvette nicht mehr gegen an 
konnte, sondern plötzlich abhielt und vor dem Wind weglief. Ein 
englisches Panzerschiff tauchte zu dieser Zeit mit seinem breiten 
Rumpf am Horizont auf und schien ziemlich ruhig auf dem Wasser 
zu liegen. Wir kreuzten unter Dampf auf, und auch später hin, 
als gegen 8 Uhr abends die Brise nicht mehr wuchs, dampften wir 
noch nicht gegen an, weil wir doch nur wenig dabei gewonnen 
hätten. Auf der Mittelwache von 12-4 Uhr nachts, als ich das 
Oberdeck betrat, war die Szenerie wunderbar verändert. Der gleich— 
förmig graue Ton des Himmels war verschwunden; über mir blickte 
ein blaues Stück Firmament durch, und einzelne Sterne leuchteten 
friedlich in mildem Licht. Sonst war der Himmel mit verworren 
zusammengeballten Wolken bedeckt, welche wild und regellos vor dem 
Winde dahinjagten, halb in rabenschwarze Nacht getaucht und zur 
Hälfte milchweiß von dem verschleierten Monde erleuchtet. Die See 
dehnte sich dunkel und schwarz in endlose Ferne; die Wogen brachen 
mit dumpfem Rauschen in sich zusammen; hier und da leuchtete ein 
weißer Kamm blendend auf, um dann wieder ebenso rasch zu ver— 
schwinden; an einer fernen Stelle aber brach das Mondlicht durch 
eine Wolkenlücke hervor und versilberte die plötzlich aus ihrer Nacht 
ans Licht gezogene Flut. Bis 4 Uhr hatte ich immer das Ver— 
gnügen, dieses wechselnde Schauspiel zu genießen. Auf der Morgen—
	        
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