Full text: Handbuch des mathematischen Unterrichts (2. Band)

248 814. Weitere Untersuchungen über d. Rauminhalt u. d. Oberfläche von Körpern 
Speziell ist der Rauminhalt der Kugel gleich dem einer Pyramide, 
welche die Oberfläche der Kugel zur Grundfläche und den Radius zur 
Höhe hat. 
Mit diesem Satze hängen die folgenden aufs engste zusammen: 
Der Rauminhalt eines konvexen Polyeders, das einer Kugel um- 
geschrieben ist, ist gleich dem einer Pyramide, die die Oberfläche des 
Polveders zur Grundfläche und den Radius zur Höhe hat, 
Die Kugel hat einen kleineren Inhalt als eine Pyramide, deren 
Grundfläche gleich ist der Gesamtoberfläche eines ihr umbeschriebenen 
konvexen Polyeders und deren Höhe gleich dem Radius ist. 
Die Kugel hat ein größeres Volumen. als eine Pyramide, deren 
Grundfläche gleich ist der Oberfläche eines beliebigen eingeschriebenen 
Polyeders und deren Höhe der kleinste unter den Abständen ist, die seine 
Grenzflächen vom Mittelpunkte haben. 
In der Ebene gelingt es sehr leicht, das Innere eines Kreises zwischen 
ein- und umbeschriebene Polygone einzuschließen und diese Grenzen 
einander beliebig nahe zu bringen. Man braucht mit Archimedes nur 
von einem beliebigen regelmäßigen Vieleck auszugehen, das dem Kreise 
ainzubeschreiben ist, und das Vieleck hinzuzunehmen, dessen Seiten in 
den Eckpunkten des ersten berühren. Indem man dann die Seitenzahl 
beliebig oft verdoppelt, schließt man den Kreis zwischen Grenzen ein, 
die immer näher aneinander kommen. Diesen Prozeß kann man zwar 
nicht auf die Kugel übertragen. . Man glaubt aber den Grundgedanken 
beibehalten zu können, indem man sich in folgender Weise ausdrückt: 
Nachdem man die Kugel mit unendlich vielen unendlich kleinen Dreiecken 
überzogen und. die Eckpunkte mit dem Mittelpunkte der Kugel durch 
Strecken verbunden hat, ist die Kugel gleich der Summe der auf diese 
Weise erhaltenen Pyramiden und demnach gleich einer einzigen Pyramide, 
deren Grundfläche gleich der Oberfläche der Kugel und deren Höhe gleich 
ihrem Radius ist. 
Indessen ist dies Verfahren nicht streng. Die anendlich kleinen Dreiecke, in 
die hier die Oberfläche der Kugel zerlegt ist, dürfen nicht als etwas Existierendes 
vorausgesetzt werden, wie es in den angeführten Worten geschieht. Jedes ebene 
Dreieck, das drei Punkte der Kugel zu Eckpunkten hat, ist von einem Teile der 
Oberfläche wesentlich verschieden. Man kann also weder die Oberfläche der Kugel 
aus ebenen Dreiecken noch ihr Inneres aus lauter Pyramiden zusammensetzen, Man 
muß vielmehr einen Grenzprozeß angeben, der die Summe der benutzten Polygone 
ımmer näher an die Oberfläche der Kugel und die Summe der Pyramiden immer 
näher an das Innere der Kugel bringt: Ein derartiger Grenzübergang läßt sich 
beim Kreise leicht ausführen und’ wird in allen Lehrbüchern im Anschluß an Archi- 
medes angegeben, Will man bei der Behandlung der Kugel mit derselben Strenge 
verfahren, so muß man von einem ein- und einem umgeschriebenen Polyeder aus- 
yehen und an jedes in unbegrenzter Folge neue konvexe Polyeder in der Weise an- 
schließen, daß die Oberfläche eines umgeschriebenen beliebig nahe an die Ober- 
Jäche eines eingeschriebenen Polyeders gebracht werden kann. Das geschieht; so- 
weit wir wissen. leider nicht. Vielleicht vertraut man auf eine Ausdrucksweise, die
	        
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