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wichtige Gründe unterstützt wird, nicht unbekannt geblieben. Seinen
klaren Ausspruch findet er in den hinterlassenen Papieren Descartes’,
die erst im Jahre 1860 gedruckt sind. Ohne hiervon Kenntnis zu haben,
hat Euler den Satz von neuem entdeckt und mit einem Beweise versehen,
Da er seine Entdeckung in den Schriften der Petersburger Akademie
veröffentlichte, gelangte der Satz zur allgemeinen Kenntnis und wurde
9ald darauf in die Lehrbücher aufgenommen.
Der Satz besteht aus mehreren Beziehungen, von denen zwei
besonders wichtig sind. Um sie in Formeln zu kleiden, bezeichnen wir
mit € die Anzahl der Ecken, mit £ die der Kanten, mit f die der Flächen
zines Polyeders und setzen die geringste Anzahl von Dreiecken, in die
seine Oberfläche zerlegt werden kann, gleich D. Dann behauptet der
Satz, daß ist: ;
(1) : e+f=h+2
(9) D=2(e— 2).
Die erste Gleichung wird mit Eulers Namen in die engste Be-
ziehung gebracht, und wenn man vom Eulerschen Satze der Stereometrie
spricht, so denkt man meistens nur an die Gleichung (1). Dagegen setzt
Descartes die Gleichung (2) an die erste Stelle und leitet aus ihr die
Gleichung (1) ab.
Der Unterricht darf nicht verschweigen, daß die beiden Formeln keine all-
zemeine Gültigkeit besitzen. Wir wollen daher für einige Polyeder die Zahlen e, f,k, D
angeben und zusehen, ob in jedem einzelnen Falle die gefundenen Zahlen den Glei-
zhungen (1) und (2) genügen.
Für ein Prisma, das ein einfaches n-eck zur Grundfläche hat, ist e=2n,
f=n+2, k=83n, D=2(n—2)+2n=2(2n-—2). Somit gelten für diesen Körper
die Eulerschen Formeln. Konstruiert man speziell über einem Zwölfeck, von dessen
Winkeln in geeigneter Folge acht gleich 90° und vier gleich 270° sind, ein gerades
Prisma, so hat dies die Gestalt eines Kreuzes; die Formeln (1) und (2) haben hier-
für Gültigkeit. Soll die Formel (1) gültig bleiben, so darf man sogar annehmen,
daß die Begrenzung der Grundflächen aus mehreren geschlossenen Streckenzügen
gesteht. So sei mit einem einfachen m-eck ein einfaches n-eck in der Weise ver-
bunden, daß das letztere ganz dem Innern des ersteren angehört, ohne an die Be-
zrenzung heranzureichen. Der zwischen diesen Polygonen enthaltene Teil der Ebene
werde zur Grundfläche eines Prismas gewählt. Dann ist e=2m+2n, f=2+m+n,
k=3m+3n, D=4m+4n. Demnach wird die Formel (1) befriedigt, während die
Yormel (2) durch D=2e ersetzt werden muß.
Wir wählen zwei beliebige Polygone, die in parallelen Ebenen liegen und je
aus einem einzigen Zweige bestehen, zu Grundflächen eines Prismatoids. Enthält
das eine m, das andere n Seiten, so ist e=m+n, f=2+m+n, k=2m-+2n. Also
wird die Gleichung (1) befriedigt, ganz unabhängig davon, ob die Grundflächen ein-
Fach oder überschlagen sind und ob die Seitenflächen einander durchsetzen oder nicht.
8 16. Der Eulersche Lehrsatz
reundlichst zur Verfügung gestellt hat. Wenn wir auch unabhängig von ihm die
jrundzüge von Nr. 5, sowie den Inhalt von Nr. 6 gefunden hatten, so sind uns seine
Angaben bei der endgültigen Fassung von großem Nutzen gewesen. Nr. 7 rührt
bis auf die Form ganz von Dehn her. Auch in den Nummern 3 und 8 sind einige
on ihm gvemachte Bemerkungen benutzt.