Wahrscheinlichster Schiffsort und Standlinie nach der Höhenmethode 417
beider unmittelbar nacheinander, so daß die Versegelung zwischen den
beiden Beobachtungen unberücksichtigt bleiben kann. Die erste Stand-
linie wird dann in der beschriebenen Weise gefunden; für die zweite
liegt man nicht mehr den gegißten Besteckort zugrunde, sondern den
wahrscheinlichsten Schiffsort auf der ersten. Das gesuchte Besteck läßt
sich, statt durch Zeichnung, auch durch Rechnung bestimmen, worauf
hier nicht eingegangen werden soll. Für die Zeichnung sind an Bord
besondere „Sumner-Karten“ vorhanden, die von 20° bis 60° nördlicher
and südlicher Breite reichen. Um einen günstigen Schnittwinkel der
beiden Standlinien zu erhalten, wählt man die beiden Gestirne so, daß
ihre Azimute möglichst um 90° voneinander verschieden sind.
Liegt zwischen den beiden Beobachtungen eine Versegelung, die
nicht vernachlässigt werden kann, so verschiebt man den aus der ersten
Beobachtung abgeleiteten wahrscheinlichsten Schiffsort entsprechend dem
Kurs und der versegelten Strecke. Durch den so erhaltenen Punkt hat
man die Parallele zur ersten Standlinie zu ziehen, da deren Punkte alle
der Versegelung entsprechend verschoben werden müssen. Von hier ab
ist zu verfahren wie bei zwei Beobachtungen an demselben Standort.
Hiernach ist nun auch leicht zu verstehen, wie man das astro-
somische Mittagsbesteck (S. 411) aus zwei Standlinien gewinnt, an-
statt die vormittags (oder nachmittags) beobachtete Sonnenhöhe zur Be-
rechnung der Länge, die Mittagshöhe zur Berechnung der Breite je für
sich allein zu benutzen. Aus der ersten Beobachtung erhält man nach
der Höhenmethode in gewöhnlicher Weise den wahrscheinlichsten Schiffs-
ort und die zugehörige Standlinie, Diese verschiebt man parallel zu sich
selbst entsprechend der Versegelung bis zum Mittag. Dann leitet man aus
der Meridianhöhe in der oben angegebenen einfachen Weise die zweite
Standlinie ab, wobei man aber nun statt der gegißten Länge die Länge des
verlegten wahrscheinlichsten Schiffsortes auf der ersten Standlinie benutzt.
4. Das Segeln im größten Kreise. Neuerdings hat, aus be-
kannten Gründen, die Zeitersparnis für die Schiffahrt eine gesteigerte
Bedeutung erfahren und damit auch das Segeln auf größten Kreisen der
Erdkugel. Man zieht heute die Ersparnis schon bei Entfernungen von
aur einigen hundert Seemeilen in Betracht. Die dafür erforderliche Be-
rechnung bezieht sich auf das wohlbekannte Dreieck, dessen Ecken ein
Erdpol sowie der Abgangs- und Ankunftshafen sind.. Zwei Seiten bilden
lie Komplemente der Breiten dieser Häfen, und der von ihnen ein-
geschlossene Winkel ist ihrem Längenunterschied gleich.
Die Berechnung der beiden Kurse für Abgang und Ankunft
zommt auf die Berechnung der beiden nicht gegebenen Dreieckswinkel
hinaus und braucht nicht erörtert zu werden.
Im Leitf. f£. d. Unterr. in d. Navigation wird (S. 90—91) die Fahrt
von Kap Lizard (49°58'N und 5°12'W) nach Baltimore (39° 17'N
Killing u. Hovestadt: mathem. Unterricht II
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