Full text: Zur Frage der Erziehung des künstlerischen Nachwuchses

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II. WERKSTATTLEHRE UND SCHULERZIEHUNG 11 
Ar den ersten Blick scheint die schulmäßige Ausbildung des 
Künstlers statt der früheren Lehrlingsausbildung große 
Vorteile zu bieten. An Stelle des Zufälligen ist eine durch- 
dachte Planmäßigkeit gesetzt; der Schüler ist in die Lage 
gebracht, alle Verzweigungen des künstlerischen Gebietes, dem 
er sich widmet, kennen zu lernen und, da er bei verschiedenen 
Lehrern Unterricht genießt, sich nach Belieben seinen Weg zu 
suchen. Die vorzüglichsten Einrichtungen einer künstlerischen 
Ausbildung stehen ihm zur Verfügung. Man sollte meinen, 
daß diese Vorteile so stark hervorträten, daß darüber, ob die 
alte Werkstattlehre der heutigen Schulerziehung unterlegen sei 
oder nicht, keine Meinungsverschiedenheit bestehen könnte. 
Und doch hatte die alte Werkstattlehre ihre Vorzüge. Die 
großen Künstler aller geschichtlichen Zeiten sind durch sie 
gegangen, und niemand wird behaupten wollen, daß ihre Aus- 
bildung dieserhalb mangelhaft gewesen wäre. 
Mit dem Eintritt in die Lehre lernte der junge Mann 
zunächst die mechanischen und technischen Verrichtungen 
seiner täglichen Berufsarbeit gründlich kennen. Er wuchs von 
unten herauf langsam in den Beruf hinein und wurde inner- 
halb des engen Kreises der Werkstatt in Bescheidenheit und 
in Ehrfurcht vor dem Können des Meisters gehalten. In dem 
auf praktische Arbeit begründeten Erziehungssystem, das Goethe 
in der „Pädagogischen Provinz“ der Wanderjahre entwickelt, 
wird „die Ehrfurcht“ als der seelische Untergrund alles Berufs- 
jernens hingestellt und dieses Schlüsselwort jedem Eintretenden 
mit Feierlichkeit eingeprägt. Ein so auf die Ehrfurcht gestellter 
Sinn befähigte den Lehrling, sich nach dem Maß seiner be- 
sonderen Veranlagung Schritt für Schritt zu entfalten und an 
seiner Entfaltung jene Freude zu empfinden, die dem beschieden 
ist, der sich seinen Weg selbst bahnt. Vergleicht man damit
	        
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