Full text: Zur Frage der Erziehung des künstlerischen Nachwuchses

fächer an einer Universität oder Technischen Hochschule widmen. 
Lediglich auf diese Wahlpflichtfächer erstreckt sich dann der 
mündliche Teil der Hauptprüfung. Haupterfordernis für die 
Zulassung zu dieser ist aber die Vorlage befriedigender Zeug- 
nisse der Meister, bei denen der Studierende in den Meister- 
klassen gearbeitet hat. In der Prüfung selbst hat der Studierende 
unter Klausur Stegreifentwürfe nach gegebenem Programm zu 
bearbeiten. 
Es ist klar ersichtlich, daß auch hier wieder die Richtung, 
die der Antrag verfolgt, ganz und gar darauf ausgeht, in die 
Schule die Vorteile der früheren Erziehung in der Werkstatt 
und in der Zeichenstube des Meisters zu übernehmen. Alle 
die in der Eingabe enthaltenen Neuerungen gehen von diesem 
Gesichtspunkt aus. Die Befolgung der Leitsätze würde einen 
tiefen Einschnitt in die bisherige Art des Unterrichts an den 
Technischen Hochschulen herbeiführen. Ist auf den Umschwung 
zu hoffen? Allerdings wird die Kritik darüber nicht ausbleiben, 
daß. die bisherige weitgehende mathematische, statische und 
wissenschaftlich-konstruktive Ausbildung des zukünftigen Bau- 
künstlers wegfallen soll. Rein gedanklich genommen, wird man 
solcher Kritik die Berechtigung nicht absprechen können. Die 
Architektur ist nun einmal auf die Konstruktion begründet, und 
gerade heute, wo die Ingenieurbauten fast überwiegen und 
wo wir angefangen haben, auch die reinen Zweckbauten nach 
architektonischen Grundsätzen zu gestalten, wird die Kenntnis 
der Konstruktion in ihren letzten wissenschaftlichen Ausläufen 
mit Recht auch vom Architekten gefordert werden müssen. 
Praktisch betrachtet, darf jedoch folgendes nicht aus dem Auge 
verloren werden: Es gibt Bauleute, deren Vorstellungskreis 
sich vorwiegend in der schönen Form, und solche, deren Denken 
sich vorwiegend im Konstruktiven und Rechnerischen bewegt. 
Eine vollständige Beherrschung beider Gebiete wird man nur 
von ganz seltenen Ausnahmemenschen erwarten können. Lionardo 
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