Vorrede des Authoris.
uͤr schoͤn oder nicht schoͤn zu halten / noch auch von der Proportion,
ihrer Abmessung oder Invention einige Regeln geben hoͤren.
Dieses habe ich ihn zwar wol hoͤren segen / daß dasjenige / was
dem Aug ein Genuͤgen leistet / in soferne es obgedachte Modell betrifft /
seinen Grund in der Natur habe / und daß in diesem Stuck sowol /
als in andern von dergleichen Art / die Exempel keine gute Richtschnur
abgeben/ und er fuͤr besser hielte / wann man hieru durch ein⸗ ge⸗
naue Einsicht der Ursachen / als durch eine unvernuͤnfftige Nachah⸗
mung gelangen koͤnnte; ob es gleich scheine / daß die Gewohnheit an
vielen Orten solches bestaͤttiget / und in den Koͤpffen vieler Leute fuͤr
richtig angenommen worden.
Denn einige / wovon ich ihn fuͤrnmlich habe reden hoͤren / beste⸗
hen in kurtzen und unbetruͤglichen Mitteln / ein Werck kunstrichtig zu
vollziehen / nachdeme man sich einmal vorgenommen / dieselbe zu ma⸗
chen / sie moͤgen gleich schoͤn oder schlecht seyne; oder/ kuͤrzer zu sa⸗
gen / in unfehlbaren Regeln der wuͤrklichen Ausuͤbung etlicher Kuͤn—
ste / ohne von der Erfindung etwas zu gedenken / welche er dem Nach⸗
sinnen des Werckmeisters uͤberlaͤsset. Bey welcher Gelegenheit dann
wol zu bemerken stehet / daß ein anders sey / solche Regeln erfin⸗
den; ein anders dieselbige erlernen / nachdeme sie schon erfunden
sind; und ein anders / solche Regeln wissen ins Werg zu setzen.
Es kan auch jemand solche Regeln erfunden haben/ auch in den⸗
selben die Werckleute unterrichten / wie sie dieselbige wol anwenden
sollen / welche sie doch mit eigener Hand nicht wuͤste ins Werck zu se⸗
zen. Ein anderer kan solche Regeln ins Gedaͤchtnis bringen / und
sich einen solchen lebendigen Begrif davon machen / daß er geschickt
ist / solche auch andere zu lehren / und sie zu gluͤcklichen Werckmeistern
zu machen / der jedannoch dieselbe fuͤr sich nicht haͤtte erfunden koͤnnen⸗
noch auch mit eigener Hand zu bewerckstelligen wuͤste. Wiederum ein
anderer weiß dieselbe im Werck selbsten anzubringen / der sie nimmer
mehr fuͤr sich wuͤrde haben erfinden koͤnnen.
uUm die Regeln zu wuͤrklicher Ausuͤbung einer Kunst zu finden /
wird nothwendig erfordert / daß man deroselben Grund uͤnd Ursa⸗
chen verstehe; es ist aber deßwegen nicht vonnoͤthen / daß er felber
Hand anlege: Und um dieselbe leicht zu machen / muß ihme die Art
und Beschaffenheit der Kunst / des Werks und des Zeuges oder
der Materie bekannt seygyg.
Solche