Ornament ist der Wechsel durch die Ruhe, der
Augenschein durch das Gedankenbild, dieäußere
Weltdurch den inneren Menschen überwunden.
Und wennihn die Wirklichkeit durch ihre Tiefe
verstört dadurch, daß er sie sich nicht ertasten
kann, daß sie weiter reicht, als er greifen kann,
daß immer hinter allem noch ein anderes und
immer wieder etwas droht, so befreit ihn die
Kunst, indem sie die Erscheinung aus der Tiefe
holt und sie in die Fläche setzt. Der Urmensch
sieht Linien, Kreise, Quadrate, und sieht alles
flach. Beides aus demselben inneren Bedürfnis,
die drohende Natur von sich abzuwenden. Sein
Sehen hat immer Angst, überwältigt zu werden,
und so verteidigt es sich gleich, es leistet Wider-
stand, es schlägt zurück. Jeder äußere Reiz
alarmiert sogleich den inneren Sinn, der immer
bereit steht, niemals die Natur einläßt, sondern
sie Stück für Stück aus der Flucht der Erschei-
nungen reißt, aus der Tiefe in die Fläche bannt,
entwirklicht und vermenschlicht, bis ihr Chaos
von seiner Ordnung bezwungen ist.
Jedoch nicht bloß des Urmenschen Sehen ist
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