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Sonstige Anwendungsgebiete im Hochbau.
solcher Art müssen sich den immer wechselnden Verkehrsbedürfnissen anpassen;
Abbruch- und Umbauten dürfen nicht allzuviel Kosten verursachen und müssen
zuch schnell auszuführen sein. Gerade in dieser Beziehung ist das Holz als ein wirt-
schaftlich günstiger Baustoff anzusprechen. Der Vorteil der Möglichkeit einer be-
quemen nachträglichen Befestigung von Signalen, von Licht- und Kraftanlagen sei
hier nur nebenbei erwähnt.
In den ersten Zeiten des Eisenbahnbetriebes wurden fast alle Bauten zimmer-
mannsgemäß in Holz ausgeführt, und noch manche dieser alten Bauten sind bis auf
Jen heutigen Tag erhalten oder erst in den letzten Jahren durch Bauten anderer
Art ersetzt worden. So ist z. B. noch heute die im Jahre 1848 erbaute Halle des alten
Münchener Bahnhofes mit überhöhten Bohlenbindern von 28m Lichtweite als
Schalterhalle in Betrieb. Schaechterle berichtet, daß das beim Abbruch des im
Jahre 1868 erstellten und 1890 bedeutend erweiterten Ausladeschuppens gewonnene
Holz restlos der Wiederverwendung zugeführt werden konnte und daß alle Teile,
ohne Spuren von Schwamm und Fäulnis zu zeigen, vorzüglich erhalten waren. Man
zonnte die starken Hölzer nach der Entnagelung nochmals durch die Säge laufen
und auf rechteckige Querschnitte schneiden lassen. Auch zwei große Rundschuppen,
die im Jahre 1875 auf Bahnhof Eßlingen erbaut wurden, sind bis heute erhalten
geblieben.
Für diese alten Bauformen, die in den weitaus meisten Fällen reine Zimmermanns-
arbeiten darstellten, wurden immerwiederkehrende Baunormen geschaffen. Erinnert
sei in der Hauptsache an die Güterschuppen, Bahnsteigdächer, Fußgängerstege und
Straßenbrücken. Bahnbrücken dieser Art hatten sich allerdings nicht bewährt,
mußten bald ausgebessert und durch Eisen ersetzt werden. Nachteilig bei den Hallen-
bauten waren die reichlichen Zwischenstützen, die einen bequemen Längs- und Quer-
verkehr erschwerten. Man ging dann zum Eisen über und verwendete eiserne
Fachwerkträger, die die Wegnahme der störenden Zwischenstützen gestatteten. Auch
Wellblech wurde in reichlichem Maße verwendet. Auf gutes Aussehen der Anlagen,
zuf ein Anpassen an die Umgebung wurde noch wenig Wert gelegt. Die Wirkung der
Rauchgase auf das Eisen ist schon an anderer Stelle (S. 9) besprochen worden.
Für das Eisen sind diese Gase besonders in geschlossenen Räumen gefährlich, bei
sffenen Gleisüberdachungen schon weniger. Beim Abbruch der 33 Jahre alten eisernen
Oleishalle des Bahnhofes Friedrichstraße in Berlin zeigte es sich, daß manche Teile
bis auf 20 und 30 vH des Querschnittes abgerostet waren. Gute Lüftung solcher
Hallen ist von größter Wichtigkeit. Je besser die Lüftungsanlage ist, um so weniger
Schutzanstriche sind nötig. Bei eisernen Gleishallen muß etwa alle 8 Jahre und bei
Lokomotivschuppen etwa alle 4 Jahre der Schutzanstrich erneuert werden. Immerhin
zoll der Hinweis, daß mit eisernen Bindern, namentlich mit vollwandigen gemäß
Abb. 588, monumentalere Wirkungen erzielt werden können, nicht unausgesprochen
oleiben.
Mit neuzeitlichem Holzbau wurde schon vor dem Kriege begonnen; Abb. 605
zeigt die Gleisanlage in Kopenhagen und Abb. 440 die Lokomotivschuppen in Bern.
Hin und wieder kam auch Eisenbeton zur Verwendung, für Lokomotivschuppen
sogar in verhältnismäßig reichlichem Maße. Der Nachteil dieser Anlagen ist in der
Tatsache zu suchen, daß die Ausführung höhere Kosten verursacht, die nur durch
den Fortfall größerer Unterhaltungskosten in gewissem Umfange ausgeglichen werden.
Bahnsteigdächer in Eisenbeton wirken zudem schwer und werden durch die Rauch-
gase rußig und unansehnlich. Der Nachteil des schwierigen Abbruches und der Um-
ständlichkeit von Um- und Erweiterungsbauten kann nicht unerwähnt bleiben. Für
Gründungsarbeiten und für die Ausführung der Stützen neuzeitlicher Holzformen
nach Maßgabe der Abb. 239 wird aber der Eisenbeton immer der empfehlenswerteste
Baustoff bleiben.