Full text: Freitragende Holzbauten

C. Eigenschaften und Festigkeiten des Bauholzes‘). 
1. Holz als Baustoff. 
Mehr als bei allen anderen Baustoffen ist der Erbauer von Holztragwerken an 
die Eigenschaften des Baustoffes gebunden und muß diesen bei seinen Entwurfs- 
arbeiten in bedeutendem Maße Rechnung tragen. Das Holz besteht nicht, wie Eisen, 
Stahl, Stein usw., aus einem Gefüge gleichartiger Teile, die bei gleicher Beanspruchung 
überall die gleichen Wirkungen aufweisen. Diese sind sogar bei Teilen eines und des- 
selben Baumstammes so verschieden, daß das zum Bau verwendete Holz besonders 
ausgewählt werden muß, je nachdem es für diesen oder jenen Zweck Verwendung fin- 
den soll. Diese Verschiedenheiten in den Eigenschaften erklären sich aus der Art des 
Wachstumes des Holzes. Es baut sich aus 
einzelnen Zellen auf, die man je nach der 
Art ihrer Tätigkeit in drei Gruppen einteilt: 
ı. In die Leit- oder Wasserzellen, die 
dem Baume die Feuchtigkeit aus dem Boden 
zuführen, ; 
2. in die Stützzellen oder Holzfasern 
die die Aufgabe der Stützung und Ausstei 
fung des Stammes haben, 
3. in die Nährzellen, die dem Baum die 
Nahrung für die Zeit der Winterruhe auf- 
speichern, im Sommer aber zur Regelung des 
Stoffwechsels dienen; sie enthalten die Stoffe 
zur Ernährung der übrigen Zellen. 
Während der Baum die Hauptnahrung 
durch die Blätter aus der Luft aufnimmt, 
saugen die Wurzeln die Feuchtigkeit aus der 
Erde auf, in der sich die dem Baum zum 
Wachstum unbedingt notwendigen Nähr- 
salze, in der Hauptsache stickstoffhaltige 
Alkalisalze, gelöst befinden. Diese Feuchtig- 
keit steigt in den Leitzellen, die sich in 
lotrechtem Sinne durch den ganzen Stamm 
ziehen, bis zur höchsten Spitze hinauf. In 
den Blättern verdunstet das überschüssige 
Wasser; der größte Teil der Nährsalze wird 
Abb. 722, Oben keilförmiger Ausschnitt aus 
inem entrindeten Fichtenstamme. Unten die 
:O0fache Vergrößerung der vorderen oberen 
ücke dieses Ausschnittes. H = Hirnschnitt, 
7 = Fladenschnitt, S = Spiegelschnitt?2). 
1) Vgl. u. a. Lang, Das Holz als Baustoff; Seitz, Grundlagen des Ingenieurholzbaus; Baumann, 
Die bisherigen Ergebnisse der Holzprüfungen; Stamer, Seite 30 dieses Buches. 
?) Man unterscheide: 
Hirnschnitt (Querschnitt), senkrecht zur Längsachse, 
Spiegelschnitt (Längsschnitt) durch die Längsachse, 
Sehnenschnitt, gleichlaufend zur Längsachse, 
Fladenschnitt, schwach gekrümmter Längenschnitt annähernd in Richtung der Jahresringe.
	        
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