Zugfestigkeit. Druckfestigkeit in Faserrichtung. 327
nahmevorschriften für Holz mit viel größeren Schwierigkeiten zu rechnen als bei an-
deren Baustoffen. Die Festigkeitseigenschaften des Holzes sind recht verschieden,
und liegen selbst bei ein und demselben Stamm innerhalb sehr weiter Grenzen. Man
hat, um die Verschiedenheit der Festigkeiten zu veranschaulichen, das Ganze mit
einem Bündel von Strohhalmen größter Feinheit (d. s. die längsverlaufenden Leit-
zellen) verglichen, die gelegentlich zusammengewachsen (Markstrahlen), im übrigen
aber auf ganzer Länge schwach zusammengeleimt sind. Holz mit äußerlich erkenn-
baren Fehlern muß von vornherein von der Verwendung ausgeschlossen werden. Im
Folgenden sollen lediglich die bei uns üblichen Bauhölzer Berücksichtigung finden.
Ausländische Harthölzer zeigen oft beträchtlich höhere Festigkeitswerte‘).
a) Zugfestigkeit.
Die Festigkeit in Faserrichtung ist eine hohe, obwohl die Fasern bei Ast-
ansätzen nicht immer geradlinig verlaufen. Bestimmend ist neben dem Feuchtigkeits-
gehalt der Standort des Baumes und der Gehalt an Spätholz, das in den Jahresringen
dunkel erscheint. Man hat mit astfreien Probekörpern mittlere Festigkeitswerte
von 600 bis 700 kg/ cm? festgestellt; in Einzelfällen sind Baumann und Nördlinger
bei etwa 12 und 10 vH Feichtigkeitsgehalt bis über 1800 kg/cm? gekommen. Sonder-
liche Unterschiede zwischen Laub- und Nadelholz bestehen nicht. In bezug auf Zug-
festigkeit ist das Herz der schwächste Teil des Stammes.
Die Festigkeitsenkrechtzur Faser kommt für die Praxis kaum in Frage. Baumann ermittelte
etwa 5 vH der Festigkeit in Faserrichtung. Allgemein ist zu sagen, daß im Hinblick auf das Auftreten von
Schwindrissen in der Längsachse (es sei an die schwache Verleimung der Halme erinnert) von einer Zug-
oeanspruchung senkrecht zur Faser abgesehen werden muß. Aus den Versuchen von Kögler (S. 328) ist
zu schließen, daß die Zugfestigkeit dann größer (bei Eiche und Buche sogar sehr viel größer) ist, wenn die
Zugkraft in Richtung der Radien der Jahresringe wirkt. Die Festigkeit ist nach Abb. 729 eine kleinere bei
Wirkung der Zugkraft in der Richtung der Tangente an die Jahresringe?).
b) Druckfestigkeit in Faserrichtung.
Auch hier besteht die Abhängigkeit vom Feuchtigkeitsgehalt?) und von der Ästig-
keit des Holzes. Bleibt man bei dem Vergleich mit dem Bündel schwach verleimter
Strohhalme, so erscheint die Tatsache, daß bei voller Durchnässung des Holzes die
Festigkeitswerte bis auf die Hälfte herabgemindert werden,
begreiflich. Man kann bei Nadelholz mit Mittelwerten von
etwa 300 bis höchstens 400 kg/em? rechnen. Nach den
Untersuchungen von Baumann und Nördlinger zeigen
die Laubhölzer etwas höhere Festigkeiten (rd. 500 kg/cm?)
als die Nadelhölzer.
Die Druckfestigkeit in Faserrichtung spielt im allgemeinen nur für
die Stabanschlüsse (Versatz, Hirnholzstoß) und für gedübelte Zugstöße
eine Rolle. Für die Druckstöße selbst ist die Knickgefahr (vgl. S. 337)
maßgebend; die Zerstörung erfolgt durch Ausknicken der Einzelfasern, ins-
besondere der Herbstfaserbündel in das weiche Frühjahrsholz, bzw. dort,
wo Äste ansetzen.
1!) Für die Ausführung von Holzdübeln schwerbelasteter Tragwerke
gelangt z. B. ostafrikanisches Bongossiholz des öfteren zur Verwendung
(vgl. S. 47, 50). Die Festigkeit dieser Holzart beträgt für Druck 751 kg/em?
im Mittel, für Biegung 1842 kg/cm? im Mittel, für Scherung tangential
251 kg/cm? im Mittel, für Scherung radial, 172 kg/cm? im Mittel.
Jarrahholz zeigt ähnliche Festigkeiten; sein Preis war zu Anfang 1926 etwa 210 Rm. für den Kubik-
meter ab Antwerpen.
?) In bezug auf Abb. 729 und 732 sei bemerkt, daß für die Größe der Druckfestigkeit des Holzes
die jeweilige Zugfestigkeit quer zur Druckrichtung bestimmend ist.
®) Nach neueren Versuchen von Graf- Stuttgart lieferte das im Wasser liegende Holz etwa %/14
der Festigkeit des lufttrockenen Holzes (151 bis 165 gegenüber 354 bis 428 kg/ecm?).
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