Full text: Freitragende Holzbauten

Die geschichtliche Entwicklung des freitragenden. Holzbaues. 27 
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Die Entwicklung in dem von Emy bereits eingeschlagenen 
Wege wurde dann von seinem Schüler P. Arda nt, einem 
[ranzösischen Pionieroffizier, fortgesetzt, der streng wissen- 
schaftliche Versuche mit Emys Bogen anstellte. Diese Ver- 
suche Ardants bilden einen großen Teil der Betrachtungen in 
seinem Buche „Theoretisch - praktische Abhandlung über 
Anordnung und Konstruktion der Sprengwerke von großer 
Spannweite“ (deutsch von Aug. von Kaven, 1847 in 
Hannover herausgegeben). Ardant beschreibt an ihrer 
Hand die von ihm angestellten Versuche über die Durch- 
biegung Emyscher und de l’Ormescher Bohlenbögen. Das 
Wesentlichste an diesen Versuchen ist, daß sie ein in jeder 
Beziehung klares Bild von den in den Bogen auftretenden 
Biegungen bei verschiedenen Formen der Belastung boten 
und die bei den verschiedenen Belastungsfällen am meisten 
gefährdeten Querschnitte einwandfrei erkennen ließen. In 
Abb. 44 steht ein Emyscher Bogen vor dem für die 
Versuchszwecke errichteten Beobachtungs- 
gerüst, auf dem die einzelnen, von der Bogen- 
achse eingenommenen Kurven markiert werden. 
Abb. 45 zeigt den Versuch mit einem Emyschen 
Bogen, der in seinem oberen Teil bis zum Bruch 
jelastet wurde. Aus der Formänderung er- 
kennt man die im Bogen auftretenden posi- 
%Aven Momente im Scheitel und die negativen 
Momente gegen die Auflagerenden hin, die 
Jlurch die ungleichmäßig nur über das Mittel- 
:eld des Bogens verteilte Belastung hervor- 
gerufen sind. Bemerkenswert ist, daß der 
Bruch bei diesen Versuchen nicht plötzlich, 
sondern nach einer ganz allmählichen Form- 
änderung erfolgte, und zwar gleichzeitig nahe 
der Mitte und auf der einen Seite des Bogens. 
Wenn mit den Ardantschen Versuchen bereits 
hinreichende Klarheit über die Bedeutung der 
Biegungsfestigkeit von Bogenbindern theoretisch gegeben 
war, so sind doch die praktischen Folgerungen, nun das 
Binderprofil auch entsprechend der erforderlichen Biegungs- 
festigkeit auszubilden, damals nicht folgerichtig gezogen 
worden. Ardant selbst dachte wohl verschiedentlich an die 
Vereinigung der Bohlenbögen mit einem aufgesattelten Fach- 
werke, durch das allerdings eine Eckversteifung gerade an 
Jen Stellen der stärksten Momente erreicht wurde. Die end- 
zültige Lösung blieb aber späterer Zeit vorbehalten, und zwar 
war es der Düsseldorfer Zimmermeister Stephan, der die 
arforderlichen biegungsfesten Bogenformen erfand und da- 
durch der jüngsten Entwicklung des Holzbaues einen be- 
Jeutenden Anstoß gab. Der Ste phansche Bogenbinder ist 
in seiner Grundform in Abb. 46 in schematischer Weise 
Jlargestellt1). ; 
!) Erste Veröffentlichung in der Deutschen Bauzeitung 1902, 
3.195 u. 470. Vgl. weiterhin die Abb. 166—169, sowie 364—370.
	        
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