Full text: Freitragende Holzbauten

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Holzprüfungen und Probebelastungen fertiger Bauteile, 
IIL. Holzprüfungen und Probebelastungen fertiger Bauteile. 
a) Die mechanische Prüfung im Materialprüfungsamt‘). 
Während es bei allen übrigen Baustoffen möglich ist, die technisch verwertbaren 
Eigenschaften durch Einwirkungen auf den Entstehungsgang oder durch nachträg- 
iche Behandlung entsprechend den ständig wachsenden Anforderungen in der Ver- 
wendung zu bessern, ist man beim Holz fast ausschließlich auf die von der Natur 
gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten angewiesen. Soweit überhaupt Einwirkungen 
auf die Herausbildung besserer Holzqualitäten z. B. in der Auswahl geeigneten 
Bodens und Standortes oder pfleglicher Behandlung namentlich in den ersten Wuchs- 
perioden möglich sind, sind diese zudem vielfach in der Neuzeit infolge der das 
Angebot bedeutend überschreitenden Nachfrage in den Hintergrund getreten. 
Bei dem reichhaltigen Schrifttum über Holzuntersuchungen könnte man deshalb 
leicht zu dem Schluß kommen, daß die technischen Eigenschaften der Hölzer bis 
ins kleinste festgelegt sein müßten, da ja die Entstehungsbedingungen allein aus- 
schlaggebend für die Güte der Holzart seien und andere Faktoren nicht in Betracht 
kämen. Dies ist nun leider nicht der Fall, und der Hauptwert neuerer Holzunter- 
suchungen liegt vielleicht gerade darin, gezeigt zu haben, auf wie außerordentlich 
große Unterschiede man in den Grenzwerten für die wichtigsten Festigkeitszahlen 
bei derselben Holzart gefaßt sein muß. 
Die einzelnen Faktoren, die die technischen Eigenschaften des Holzes beein- 
flussen, seien im folgenden kurz aufgeführt. Während des Lebens des Baumes sind 
®s die geologischen, klimatischen und Standortsverhältnisse, während der Zurichtung 
zum Gebrauch die Fällzeit, der Trocknungsvorgang und die Lagerdauer und bei der 
Verwendung oder Prüfung der jeweilige Feuchtigkeitsgehalt, die Lage der Fasern 
zur Kraftrichtung und die Geschwindigkeit, mit der die Kraft gesteigert wird. Aber 
selbst in demselben Stamm unterscheiden sich die Eigenschaften mit der Lage der 
Proben im Stammquerschnitt und mit der Höhenlage im Stamm, ganz abgesehen 
von den durch Äste, Risse und Fehlstellen bedingten Unregelmäßigkeiten im Aufbau. 
Gerade die in den allermeisten Fällen zu beobachtende Unregelmäßigkeit im Aufbau 
desselben Stammes haben regelrechte Studien über den Einfluß bestimmter Faktoren 
sehr erschwert und wohl auch vielfach zu widerstreitenden Ergebnissen geführt. 
Nach den bisherigen Erfahrungen kann man eigentlich mit Sicherheit nur Ergebnisse 
vergleichen, die an Proben angestellt werden, die aus demselben Faserbündel dicht 
übereinander im Stamm entnommen sind. Nur dann hat man wirklich gleichartiges 
Holz zur Verfügung; an anderen Stellen des Stammquerschnittes ist häufig die 
Güte des Holzes schon eine ganz andere. 
Die Grundlage für Holzuntersuchungen bilden auch heute im wesentlichen noch 
die von Rudeloff aufgestellten einheitlichen Prüfungsverfahren für Holz, die auf 
dem Kongreß des Internationalen Verbandes für die Materialprüfungen der Technik 
in Brüssel 1906?) angenommen wurden. Sie ermöglichen den bis dahin nicht erreich- 
baren Vergleich der an verschiedenen Prüfungsstätten gewonnenen Ergebnisse, be- 
durften allerdings, da inzwischen der Ingenieurholzbau für seine Berechnungen noch 
weitergehende Aufklärungen über das Verhalten des Holzes bei vielen anderen Be- 
anspruchungen nötig hatte, der zeitgemäßen Ergänzung. 
Die genannten Prüfungsverfahren waren wohl in erster Linie als Normen für die 
mehr theoretisch-wissenschaftliche Prüfung der verschiedenen Hölzer gedacht und ent- 
*) Die Neubearbeitung dieses Abschnittes erfolgte wieder durch Ingenieur Johs. Stamer, 
ständ. Mitarbeiter am Staatlichen Materialprüfungsamt zu Berlin-Dahlem. . 
?) Mitteilungen aus dem Materialprüfungsamt in Berlin-Lichterfelde 1907, Heft 1.
	        
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