Full text: Freitragende Holzbauten

Die geschichtliche Entwicklung des freitragenden Holzbaues. ; 
die zwar bereits die klare Unterscheidung zwischen Bindern und Leersparren hat, 
dafür aber in der Bindergestaltung selbst eine statisch keineswegs klare Schachtelung 
von vereinigtem Spreng- und Hängewerk bildet. Ein ähnliches Bild bietet der in 
Abb. 15 wiedergegebene Dachstuhl. 
A 
Abb. 13. Dachstuhl über dem Goldenen Saal in Augsburg. 
Wir stoßen hier auf den eingangs erwähnten Grundgedanken der Schach- 
telung, der im gesamten Dachstuhlbau vom Mittelalter bis zur Barockzeit eine 
sehr große Rolle spielt. Gleichzeitig treffen wir in der Abb. 14 eine Form des ver- 
a»änigten Hänge- und Sprengewerks, bei dem das Haupttraggebilde nicht, wie bei 
dem einfachen Hängewerk, ein starres Stabwerk bildet, bei dem jeder Punkt durch 
Abb. 14. Hauptkirche zu 
Bingen a. Rh. (1300—14001 1) 
Abb. 15. Schloßkirche zu 
Meisenheim (1400—1500) 1). 
ein Stabdreieck angeschlossen ist, sondern wir finden als Haupttragwerk trapez- 
{örmige Böcke, also ein bei gelenkiger Ausbildung labiles Gebilde. Verfolgen wir 
diese Entwicklung rückwärts, so führt sie uns auf das einfache Sparrendach,. bei dem 
die Sparren ohne weitere Verbindungsglieder einfach aneinandergelehnt und an der 
Spitze mit Blatt und Holznagel verbunden sind, während sie am Fuß durch Versatz 
in den Balken am Abgleiten verhindert werden. Da die Scheitelverbindung eine 
sehr unsichere ist, beruht das ganze Gefüge im wesentlichen auf dem Aneinander- 
lehnen und wurde deswegen eingangs kurz als Kartenhausbauweise gekennzeichnet. 
1) Aus Moller: Beiträge zu der Lehre von den Construetionen. 1844.
	        
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