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II. Die Mitteldeutsche Gebirgsschwelle im Weser- und
Emsgebiet.
Die Mitteldeutsche Gebirgsschwelle gliedert sich nach Penck“) in vier ein⸗
zelne Landschaften, in das Rheinische Schiefergebirge, in das Hessische
Berg- und Hügelland, in Thüringen und seine Randgebirge und in
das Subherzynische Hügelland. Diese Eintheilung ist im Allgemeinen eine
außerordentlich glückliche; nur in zwei Fällen erscheint sie etwas gezwungen.
Zu Thüringen und seinen Randgebirgen wird der Harz gerechnet, während der—
selbe nach dem herrschenden Sprachgebrauch, nach politischer Zugehörigkeit, nach
Geschichte und nach Bevölkerung gegen das benachbarte Thüringen durchaus eine
Selbständigkeit beanspruchen kann, zumal auch der Ausdruck Randgebirge für die
massiv gestaltete Bergmasse nur wenig paßt. Für die Vereinigung der beiden
dandschaften ist ein geologischer Gesichtspunkt maßgebend gewesen: „Hier wider—
tanden zwei langgedehnte Landschollen der allgemeinen Senkung;“ „diese beiden
Horste an den Rändern Thüringens sind der Harz und der Thüringerwald.“
da ebenso gut andere geologische Gesichtspunkte für eine engere Vereinigung des
Harzes mit dem Subherzynischen Berglande sprechen, dessen mesozoische Schichten
sich in gleicher Weise wie diejenigen des nördlichen Thüringens an den Fuß des
Harzes anlegen, und dessen Gestaltung in weitem Umkreise durch die vom Harze
ausgehenden Störungslinien beeinflußt ist, so wird man am besten thun, der
Gebirgsmasse des Harzes eine selbständige Stellung einzuräumen. — Wenn
ferner das Becken von Münster bei der Mitteldeutschen Gebirgsschwelle abge—
handelt wird, so erscheint auch dies gezwungen; denn ebenso wie bei der Rheinischen
Bucht haben wir es bei dem Münsterschen Becken mit einer Einbuchtung des Flach—
landes in das Gebirge hinein zu thun, sowohl der Bodengestalt wie der Höhen⸗
lage nach; allerdings treten hier ältere Gesteine, der Kreideformation angehörend,
in größeren Flächen zu Tage, jedoch nicht in dem Maße, daß dadurch die Land—
schaft das Gepräge des Flachlandes vperliert.
1. Thüringen.
In der Einleitung zu dem geographischen Handbuche über Thüringen
giebt Regel eine Uebersicht über die geschichtliche Entwicklung des Begriffs
Thüringen“, aus der man sieht, wie sehr im Laufe der Geschichte die Grenzen
der Landschaft geschwankt haben, die unter diesem Namen zusammengefaßt wird.
Nach dem genannten Verfasser sind als die Südgrenze des Landes, das zur Zeit
diesen Namen führt, soweit es ins Wesergebiet fällt, zunächst die Henneberger
Höhen aufzufassen, welche streckenweise die Wasserscheide zwischen Werra und
Main tragen und deren höchste Punkte, die beiden Gleichen, weithin sichtbare
Grenzzeichen bilden. Weiter nach Westen verläßt die Grenze die Henneberger
*Kirchhoff, „Länderkunde des Erdtheils Europa“. J. Theil, 1. Hälfte. Leipzig 1887.