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der geringen Breite der Thalsohlen darf man, um die Anlagen nicht übermäßig
zu vertheuern, neben der Bewässerung und Verbesserung des Wasserabzugs, nicht
etwa an die vollständige Abwendung aller Ueberschwemmungen, sondern nur an
genügende Abführung der gewöhnlichen Sommerfluthen denken.
„Hierbei ist die Begradigung der Wasserläufe auf das unumgänglich Noth⸗
wendige zu beschränken, jedenfalls ihre Verlegung aus gesicherter Lage an den
Berghängen in die Thalsohle zu vermeiden. Zu starkes Gefälle muß durch Ein⸗
bau von Ueberfällen mit Benutzung vorhandener Wehre ermäßigt werden; aus
hrem Oberwasser sind die Bewässerungsgräben abzuzweigen und in das Unter—⸗
wasser des folgenden Stauwerkes zu leiten. Hierdurch wird gleichzeitig auch die
Anordnung der Entwässerungsanlagen bedingt, deren Hauptgräben mit thunlichst
geringer Länge in das nächste Unterwasser zu führen sind. Da der Untergrund
meist aus durchlässigem Gerölle und Kies besteht, erscheint in der Regel die An—
lage von Entwässerungsgräben nur erforderlich, wenn man eine mehrmalige Be—
nutzung des Wassers beabsichtigt, nicht aber zur Verhütung von Versumpfungen,
die man von der die Erträge bedeutend steigernden Bewässerung bei so durch—
lässigem Boden nicht zu befürchten braucht. Zuweilen bedarf es in kleinen Thäl—
chen nur der Abfangung der am Fuße der Thalwände entspringenden Quellen,
um die Bewässerungsgräben zu speisen.
„Bei der Anlage von Entwässerungsgräben der meistens in welligem Ge—
lände mit starken Bodenneigungen liegenden Ackerflächen muß die Richtung mit
großer Vorsicht beachtet werden, um den Wasserabfluß nicht zu sehr zu beschleu—
nigen. Die Untergrundentwässerung, namentlich die Dränage, hat große Vor⸗
züge vor offenen Gräben, weil sie die gewöhnlich fruchtbare Oberkrume in Fläche
und Mischung unverändert erhält, die Bearbeitung erleichtert und den Boden für
die Versickerung aufnahmefähig macht. Einstweilen verhindert die zerstreute Lage
der Grundstücke solche Meliorationen und die zweckmäßige Bewirthschaftung der
Ackerflächen des Kleinbesitzes, wogegen auf den großen Gütern vorwiegend ein
guter landwirthschaftlicher Betrieb anzutreffen ist.“
Wurffbain schloß seinen Bericht „mit der unvorgreiflichen Ansicht, daß Hessen
naturgemäß zur Hälfte der Waldkultur angehören muß und die Landwirthschaft
erheblicher Verbesserung fähig ist, nachdem die bisherigen Schranken, d. h. die
gemeinschaftlichen Hutungen und die Zerstückelung der Besitzstände, gefallen und
durch wirthschaftliche Zusammenlegungen Meliorationen ermöglicht sind.“
Bemerkenswerth erscheint, daß unter den in diesem Berichte als meliorations—
hbedürftig bezeichneten Thälern das Werrathal und das Fuldathal von Bebra ab—
värts nicht aufgeführt sind. Dies dürfte hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben
sein, daß hier die Bestimmungen der kurhessischen Wasserbauverordnung vom
31. Dezember 1824 ihren vollen Nutzen entfalten konnten, weil an den als schiff—
bar geltenden Flußstrecken die den Anliegern und Ufergemeinden obliegenden
Arbeiten besser beaufsichtigt und aus Staatsmitteln unterstützt worden sind. Aehn—
liches gilt auch für die übrigen größeren Flüsse, bei denen die Leitung und An—
ordnung der Ufer- und Wasserbauten der Staatsbaubehörde zusteht, während dies
bei den kleineren Flüssen und Bächen Sache der Ortsvorstände und Landräthe ist,
die sachverständige Ueberwachung aber mehr zurück tritt. Durchareifende bauliche