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Vorkehrungen zux Abwehr der Wasserschäden ließen sich auf dem Unterhaltungs—
wege bei vielen dieser Wasserläufe nicht treffen, weil mit Uferschutzbauten und
Räumungen allein den natürlichen Schwierigkeiten nicht zu begegnen war. Wegen
ihres im Oberlaufe sehr starken Gefälles führen die Gebirgswässer beim Schnee—
abgange und bei Gewitterfluthen große Massen von Geschieben in die gefäll—
ärmeren unteren Strecken, die dort liegen bleiben, das Wasser anstauen, schäd—
liche Krümmungen, Ufereinrisse und Ueberschwemmungen verursachen. Oefters
sind hierdurch außer den vorübergehenden Nachtheilen auch dauernde Schäden
zdurch Ueberschüttung sruchtbaren Geländes mit Gerölle, Verlegung des Bettes
und Versumpfung der ihrer Vorfluth beraubten Grundstücke eingetreten.
Die vorstehende Darlegung der Bedürfnisse und Ziele der Meliorations—
thätigkeit im ehemaligen Kurhessen ergänzen wir durch eine aus demselben Jahre
stammende Mittheilung über die Verhältnisse in dem kleinen, zum Regierungs—
bezirke Arnsberg gehörigen Antheile des westfälischen Wesergebiets. Ueber
die damals bereits vorhandenen sechs Ent- und Bewässerungsgenossenschaften (mit
zusammenerd. 1,6 qkm Betheiligungsfläche) zur Melioration der Thalwiesen an
der oberen Eder und ihren Seitengewässern in den Kreisen Wittgenstein und
Brilon berichtete die Bezirksregierung in Arnsberg am 9. Mai 1867 Folgendes:
„Schon von Alters her sind die Wiesen des Kreises Siegen berühmt; seit
dem Anfange der vierziger Jahre hat auch in den übrigen Kreisen des Gebirges
die Wiesenkultur größere Fortschritte gemacht. Die große Mehrzahl der Thäler
eignet sich zur Anlage von Wiesen, da die Entsumpfung infolge der günstigen
Gefällverhältnisse leicht ist, durch dieselben Verhältnisse und den Wasserreichthum
aber wiederum die Bewässerung begünstigt wird. Längere Zeit waren gleichwohl
Unkenntniß und hartnäckiges Festhalten an hergebrachten Zuständen, sowie auch
die schlechten Vermögensverhältnisse der Bewohner Hindernisse der allgemeinen
Einführung der Wiesenkultur. Die Ueberwindung des letztgenannten Hindernisses
wurde durch die seitens der landwirthschaftlichen Kreisvereine zu den Kosten der
Melioration von Wiesenthälern gezahlten Zuschüsse, insbesondere durch die reich—
lich gewährten Staatsbeihülfen und zinsfrei gegebenen Staatsdarlehne vermittelt.
Die übrigen, in den Anschauungen und dem Bildungsgrade der Bewohner liegen—
den Momente, welche der Entwicklung der Wiesenkultur im Wege standen, sind
demnächst allmählich gewichen, insbesondere durch das Hervortreten der großen
Erfolge einzelner Meliorationen, welche von unternehmenden Privaten oder von
Genossenschaften ins Werk gesetzt wurden. Auf die Bildung der letzteren ist seit
dieser Zeit überall mit Eifer hingewirkt worden; noch zahlreicher als die Genossen—
schaftsländereien sind aber die Wiesen der ohne solche Form zum Zwecke gemein—
samer Wässerungsanlagen zusammengetretenen Grundbesitzer.“
Während in den bisher genannten Theilen des Gebirgslandes eine Ver—
besserung der Wiesenkultur in erste Linie gestellt wurde, legte eine im Jahre 1866
verfaßte Denkschrift über die landwirthschaftlichen Verhältnisse im ehemaligen
Königreiche Hannover mehr Gewicht auf die Meliorationen des Ackerlandes:
„Auf dem Lehm- und Thonboden, welcher den bergigen und hügeligen Theil des
Königreichs bedeckt, sind seit der Aufhebung der Zehnten und Theilung der Ge—
meinheiten auf den Gütern überall rationelle Fruchtwechselwirthschaften eingeführt,