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bestellung beginnt meistens Mitte April, die Getreideernte Ende Juli, die Heuernte
bei zweischürigen Wiesen Ende Juni und Mitte September, bei einschürigen
Wiesen Anfang August; die Herbstbestellung erfolgt bis in den November. Alle
Getreidearten werden über den Eigenbedarf angebaut, namentlich Roggen und
Weizen, letzterer jedoch weniger im Nordwesten der Kreisstadt bis Oldendorf.
Der Anbau findet in wirthschaftlich zweckmäßiger Weise unter Verwendung von
Kunstdünger und Tiefkultur statt. Obgleich die Gehöfte nicht in geschlossenen
Ortschaften, sondern nach westfälischer Sitte zerstreut liegen, bilden die einzelnen
Hofstellen vielfach keine abgerundeten Besitzungen; wegen dieser zerstreuten Lage
der Grundstücke haben die Dränagen auf dem größtentheils undurchlässigen Boden
in den noch nicht verkoppelten Feldmarken bisher weniger Eingang gefunden.
Viele Besitzer haben kunstlose Rieselanlagen an den Bächen und Mühlteichen zur
Bewässerung ihrer Wiesen eingerichtet. Jedoch sind in einigen Gemarkungen, deren
Wiesen früher wegen der hohen Uferrehnen der Bäche mangelhafte Vorfluth
hatten und durch Druckwasser vom Höhenlande versauert waren, neuerdings Ent—
und Bewässerungsanlagen nach Petersens Verfahren ausgeführt worden, wobei
das Dränagewasser mit Abzugsgräben in das Unterwasser der Mühlenwehre
geleitet wird; die Eisenverbindungen des eisenhaltigen Rieselwassers bringt man
vor der Berieselung zum Absetzen. Auf diesen und anderen sorgfältig gepflegten
oder günstig gelegenen Wiesen wird reichliches, für Rindviehzucht gut brauchbares
Heu gewonnen. Vielfach liefern aber die Wiesen, besonders in der Elseniederung,
wegen ihrer torfigen oder zu nassen Beschaffenheit blos für Pferde brauchbares
Heu. Ausgedehnte Wiesen, die jetzt nur sauere Gräser bringen, würden bei sorg—
fältiger Ent- und Bewässerung durch genossenschaftliche Anlagen voraussichtlich
vorzügliche Erträge gewinnen lassen. Für den seit der Separation der Feldmarken
verdoppelten Viehbestand kommt nach Aufhören der gemeinsamen Weide die Kultur
von Klee und Futtergewächsen zur Hülfe.
Längs des Wiehengebirges in den Kreisen Herford, Lübbecke und Minden
hat gleichfalls die Entwaldung stellenweise zu weit um sich gegriffen, obgleich
die Aecker an den Berghängen wegen der kostspieligen Bewirthschaftung fast keinen
Reinertrag geben und durch Abschwemmung leiden. Auf dem fast überall dränage—
bedürftigen Boden der Vorhöhen des Wiehengebirges wird vorwiegend Hafer
und Roggen, in einzelnen Gemarkungen auch Weizen gebaut. In den tief ein—
geschnittenen Bachthälern liegen Wiesen, deren Schlickboden reichliches, aber
wegen der quelligen Beschaffenheit des Liasuntergrundes saueres Gras liefert,
zumal die steilen, mit Gehölz bewachsenen Thalwände die Austrocknung erschweren;
Ansätze zur Torfbildung finden sich selten, z. B. in der Thalerweiterung unter—
halb Tengern, wo sich mehrere Seitengewässer des Schockenmühlbachs vereinigen.
Im Lippischen Hügellande macht sich die zu weit vorgeschrittene Ausrodung
ehemaliger Wälder, deren Boden durch übermäßige Entnahme von Waldstreu
und Heideplaggen allmählich entkräftet worden war, durch den verhältnißmäßig
großen Prozentsatz der Weideländereien bemerklich. Zu Ackerland sind die ent—
waldeten Flächen im Bereiche des sandigen Keuperschiefers schlecht geeignet. Der
vorherrschende Lehm- und Mergelboden gestattet dagegen auch in den höheren Lagen
den Anbau aller Feldfrüchte. Am meisten angebaut werden Roggen, Hafer, Kar—