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Die Sohle der Großen Aue und ihrer Seitengewässer lag im Gebiete der
Rahdener Sozietät theilweise fast so hoch wie die angrenzenden Grundstücke.
Dabei beschrieben die Wasserläufe so viele kurze Schleifen, daß das geringe vor—
handene Gefälle fast ganz verloren ging. Ihr Ausbau mußte daher allen anderen
Arbeiten vorangehen und wurde 1855,57 fertiggestellt. Von da ab bis 1864
sind dann allmählich die Anlagen zur Binnenentwässerung ausgeführt worden.
Für die Herstellung der Bewässerungsanlagen wurden in den folgenden Jahren
einige Sonderverbände gebildet, welche 1869,75 die entsprechenden Einrichtungen
vornahmen, nämlich auf beiden Seiten der Großen Aue zwischen Haßlage und
dem Mühlendamme bei Rahden in den Gemeindebezirken Großendorf, Kleinen—
dorf und Varl, an der Kleinen Aue für die Wiethopswiesen im Gemeindebezirke
Wehe, an der linken Seite des Großen Diekflusses im Gemeindebezirke Sielhorst,
sowie an der Großen Aue und Wickriede im Gemeindebezirke Ströhen, und zwar
mit zusammen rd. 7,4 qkm Betheiligungsfläche. Aus dem Jahre 1878 wird
berichtet, durch diese Bewässerungsanlagen seien die Erträge der Wiesen um
10 bis 100 6/0 an Werth gesteigert worden, aber nur auf kurze Zeit, da schon
1880 die guten Ernten wieder nachließen.
Allerdings war eine Verbesserung der Zustände, die sich im Genossenschafts—
gebiete entwickelt hatten, recht dringend erforderlich. Auch eine wohlwollende
Beurtheilung des Meliorationsunternehmens, das von vielen Betheiligten als ein
Unglück für ihren Grundbesitz aufgefaßt wurde, mußte damals (September 1880)
zugeben, daß die anfänglich übertriebenen Hoffnungen nicht erfüllt und daß die
Genossenschaftsmitglieder, die zur Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten
(675000 Mark), zur Instandhaltung und Verwaltung jährlich 25- bis 32000 Mark
aufbringen mußten, zu stark belastet seien. Die Behauptung, die Entwässerungs—
gräben hätten zu große Abmessungen erhalten und den Grundwasserstand zu tief
abgesenkt, wurde mit dem Bemerken bestritten, daß entwässerte Sumpfwiesen stets
im Ertrage zurückgehen, wenn nicht durch geeignete Kultur und Düngung ihr
Uebergang in gute Wiesen vorbereitet wird, was fast überall unterlassen sei,
und mit dem Hinweise darauf, daß an einigen Stellen sogar noch mehr für die
Entwässerung geschehen müsse. Auch auf den bewässerten Flächen hätten die
Mitglieder der Sonderverbände keine Folgeeinrichtungen getroffen und deshalb
keinen nachhaltigen Nutzen erzielt. Die Ackerkultur sei vielfach an Stelle der
ehemaligen Heiden getreten, theilweise aber auch auf so niedrigen Lagen einge—
führt worden, daß hierdurch eine für die Wiesen nothwendige Ueberstauung be—
hindert würde. Die Viehzucht habe Fortschritte gemacht und das früher häufige
Auftreten von Viehkrankheiten aufgehört. Die wohlthätige Einwirkung der Ent—
sumpfung auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung durch Beseitigung des
Wechselfiebers würde auch von den Gegnern der Melioration nicht geleugnet.
Man müsse anerkennen, daß die Bodenbeschaffenheit minder gut sei, als voraus—
gesetzt war, und daß die Ernten früher zeitweise besser als im Durchschnitte
nach der Melioration gewesen wären. Andererseits dürfe man nicht vergessen,
daß sie in nassen Jahren früher fast ganz ausgefallen und die Erträge viel
sicherer geworden seien. Im Ganzen wäre die Melioration nicht als mißlungen
zu bezeichnen; nur würden ihre guten Früchte erst allmählich zur Reife kommen.