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Sozietätsgebiete einigermaßen in richtige Höhe bringen zu können. Die Fest—
setzung bestimmter Stauziele und Stauzeiten, die von den Anliegern der hanno—
verschen Flußstrecken verlangt worden war (vergl. S. 262), würde die mühsam
errungenen Erfolge der Melioration vollständig in Frage stellen. Daß bei
zweckmäßiger Handhabung der Stauschleusen eine Steigerung der Hochfluthen
völlig zu vermeiden ist, geht aus den Mittheilungen auf S. 260/1 hervor. Ueber
die Vorgeschichte der Verhandlungen, die schließlich zur Befriedigung der gegen
die Wassergenossenschaft erhobenen Beschwerden führten, entlehnen wir dem Berichte
des Regierungspräsidenten zu Hannover vom 23. Januar 1897 an den Land—
wirthschaftsminister folgende Angaben:
„Die Beschwerden der hannoverschen Interessenten über die Rahdener
Melioration sind so alt wie die Melioration selbst. Das Auethal hat von jeher
sehr ungünstige Vorfluthverhältnisse gehabt. Der Fluß zieht sich in einem schmalen
Bette durch flaches Gelände in zahlreichen und großen Windungen dahin und
ist von jeher nicht in der Lage gewesen, große Sommerhochfluthen ohne Schaden
für den in der Niederung gelegenen Grundbesitz abzuführen. Ueber die Verbesserung
dieser Verhältnisse ist bereits viele Jahre hindurch verhandelt worden. Nach—
weisbar reichen die Verhandlungen bis zum Anfange dieses Jahrhunderts zurück.
Es ist auch zeitweise bis zur Aufstellung von Projekten gekommen, die indessen
weder die völlige Billigung der betheiligten Behörden, noch die Zustimmung
der betheiligten Grundbesitzer gefunden haben. Als nun zu Anfang der 1850-er
Jahre die Verhandlungen über die Verbesserung der Entwässerungsverhältnisse
im westfälischen Amte Rahden anfingen eine feste Gestalt anzunehmen, fürchteten
die hannoverschen Interessenten, daß durch eine raschere Wasserzuführung aus
dem oberen Flußgebiet eine weitere Verschlechterung der Verhältnisse in der
hannoverschen Aueniederung eintreten würde. Es griff eine große Erregung
Platz, welche in Einsprüchen der hannoverschen Behörden gegen die Ausführung
der Melioration zunächst bei der Regierung in Minden und demnächst auf diplo—
matischem Wege zum Ausdrucke kam. Diese Verhandlungen fanden ihren Abschluß
mit dem Schreiben des preußischen Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten
vom 9. Juli 1857, in welchem der Einspruch zurückgewiesen wurde.
„Seitdem hat man sich hannoverscherseits mit dem Vorhandensein der
Rahdener Melioration als einer unabänderlichen Thatsache zurecht gefunden. Eine
gewisse Erbitterung ist aber bis auf den heutigen Tag zurückgeblieben. Wie
groß dieselbe anfänglich war, mag daraus hervorgehen, daß ein Projekt, durch
Ziehung eines Dammes längs der hannoverschen Grenze das westfälische Hoch—
wasser abzuwehren, ernstlich erwogen wurde. Im Laufe der Zeit hat die Er—
regung neue Nahrung bekommen durch die angeblichen Schädigungen infolge
plötzlichen Ablassens des im Meliorationsgebiete zurückgehaltenen Stauwassers. —
Eine Verständigung konnte nicht erzielt werden. Die hannoverschen Interessenten
forderten, daß bestimmte Vorschriften über Stauziele, Stauzeiten und über die
Handhabung der Stauwerke erlassen würden. Die Vertreter der Rahdener
Melioration erklärten, hierauf nicht eingehen zu können. Gegen die Festsetzung
von Stauzielen und Stauzeiten wurde besonders nachdrücklich Protest erhoben. Die
westfälischen Interessenten bestritten, daß die ungünstigen Verhältnisse auf hanno—