Full text: Quell- und Nebenflüsse der Weser (ohne Aller) (Band 2)

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mehrfach mit großer Wahrscheinlichkeit als künstliche Verkürzung des in den 
Schlenken noch erkennbaren alten Bettes betrachten. 
Spaltungen in Arme, gewöhnlich aber nur in zwei Arme, kommen an der Werra 
häufig vor, jedoch fast ausschließlich bei Stauanlagen und Nebenbachmündungen. 
Ausnahmsweise mögen die Seitenarme künstlich hergestellte Mühlgräben sein, 
deren Ursprung in frühere Jahrhunderte zurückreicht. Gewöhnlich dürfte es sich 
aber in beiden Fällen darum handeln, daß ein zur Zeit der Verwilderung des 
Flußlaufs naturgemäßer Vorgang, der ein Uebergangzustand gewesen wäre, durch 
Eingriffe von Menschenhand in einen dauernden Zustand verwandelt worden ist. 
Beim Durchbruche einer Flußschleife entstehen nämlich jedesmal zunächst zwei 
Arme, von denen der eine allmählich verlandet, der andere sich zum alleinigen 
Bette ausbildet. Wird dieser Vorgang nun dadurch unterbrochen, daß man 
einen der beiden Arme der Durchströmung des Hochwassers mehr oder weniger 
vollständig entzieht, dagegen mittels Räumungsarbeiten für die Ableitung eines 
großen Theiles der gewöhnlichen Abflußmengen leistungsfähig erhält, so bleiben 
beide Arme dauernd bestehen. Bei den Stauanlagen der Werra sind meistens 
beide Arme durch Wehre gestaut, deren Anordnung einem von beiden die Hoch⸗ 
wasservorfluth zuweist. Wo Wasser und Gefälle genug vorhanden ist, hat man 
den Hauptarm ohne Stauwerk gelassen, z. B. am Unterlaufe bei Hedemünden 
und Oberode. In ähnlicher Weise verhält sich der Fluß, wenn der Seitenarm 
nicht nur gelegentlich zur Entlastung des Hauptarmes bei Hochwasser benutzt, 
sondern auf längerer Strecke von einem in ihn mündenden Nebenbache durch— 
lossen wird, z. B. der Seitenarm unterhalb Berka, in den die Suhl mündet. 
Nur vereinzelt weist die Werra jene andere Art von Spaltungen auf, die 
sich durch hohes Anwachsen von Ablagerungen im Flußbette und dessen seitliche 
Erweiterung ausbilden. In weiterer Folge gehen solche Spaltungen bekanntlich 
in Verästelungen und eine vollständige Zerfaserung des fließenden Wassers über. 
An manchen Stellen mag ein solcher Zustand ehemals vorhanden gewesen sein, 
da die Sohle der Werra vielfach der Ausnagung weit größeren Widerstand ent— 
gegensetzt als die oft leicht angreifbaren Ufer. Bis zu gewissem Grade erinnert 
auch jetzt noch bei sehr niedrigen Wasserständen das Trockenlegen von Kies- und 
Geröllebänken auf den sogenannten Köpfen der unteren Flußstrecken hieran. In 
der letzten Strecke des Mittellaufs, in welcher dem Flußbette große Massen von 
Geschieben zugeführt werden, finden sich ober- und unterhalb von Mihla auch 
über Mittelwasser hervorragende Bänke, die man als förmliche Inseln ansprechen 
kann. In der Regel hat indessen die Werra ein einheitliches, von scharf aus— 
geprägten Ufern besäumtes und in enge Grenzen gebundenes Bett. Wo dies 
früher nicht der Fall war, ist die gebundene Form durch Beseitigung der Ansätze 
zur Verästelung bei Gelegenheit der Uferschutzbauten allmählich hergestellt worden: 
am Oberlaufe in den letzten Jahrzehnten, am Mittel- und Unterlaufe schon seit 
den dreißiger Jahren. 
Wie oben erwähnt, schlängelt sich die Werra in den genügend breiten 
Thalstrecken abwechselnd von der einen zur anderen Thalwand. Liegt das Thal 
selbst in einer scharfen Krümmung, so folgt der Flußlauf der hochwandigen Grube 
und bespült deren Fuß, genau in gleicher Weise, wie dies der Stromstrich in
	        
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