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b) Tidegebiet der Weser.
Oberhalb der Stadt Bremen sind die Stromufer nach Gestalt und Boden—
eschaffenheit noch ganz gleichartig denen der preußischen Nachbarstrecke. Nach—
dem die Weser die Stadt zwischen hohen Ufermauern durchzogen hat, tritt sie
in das Gebiet ihrer ehemaligen Mündungsbucht, in der die aus den Sinkstoffen
des Stromes im offenen Wasser entstandenen Marschen fast durchgehends und
bis zu mehr als 1mm Tiefe unter dem mittleren Tidehochwasser der Strom—
mündung liegen. In dem zwischen den Deichen und kurzen Strecken hoher
Geestufer schließlich übrig gebliebenen schmalen Raume mußten die hier be—
iindlichen Theile der älteren Marschbildung bei den andauernden Umgestaltungen
des Strombetts allmählich verloren gehen. Durch die Einschränkung der dem
Strome zugänglichen Fläche war aber in dem enger bedeichten oberen Theile des
Tidegebiets bis nach Farge hinab die Lebhaftigkeit der Strömung bei hohem
Binnenwasser so gesteigert worden, daß der dabei zugeführte Schlick sich nur noch
an besonders geschützten Stellen in geringem Maße niederschlagen konnte und
übrigens alle Anlandungen bis zur Höhe des beginnenden Pflanzenwuchses nur
aus Sandboden gebildet sind. Erst von Farge abwärts wird an den Ufern und
auf den hohen Sanden der Schlickfall wieder allgemeiner und stärker bemerkbar.
Im unteren Theile des Fluthgebiets zeigen die Ufer an den Vorländern und
Strominseln regelmäßig eine starke deckende Klaischicht, während der Sand auf
den Bereich der kräftigeren Strömung beschränkt bleibt.
Die Ufer des Hochwasserbetts haben planmäßig dieselben flachen Neigungen
erhalten, wie die Seitenböschungen der Niedrigwasserrinne, die zwischen Bremer—
haven und Farge nicht mehr als 1: 15, von Farge bis Vegesack 1: 15 bis
1: 11,5, dagegen zwischen Vegesack und Bremen bis 1:5 betragen. In der
obersten Strecke sind großentheils künstliche Deckungen zu Hilfe genommen, von
Vegesack abwärts aber sind sie nur ausnahmsweise bei einbuchtenden Ufern nöthig,
die sehr nahe am tiefen Strome liegen und deshalb dem Angriffe von Wellen
ind Eis besonders ausgesetzt sind.
Die Sohle des Strombetts wird im Tidegebiete ausschließlich von Sink—
stoffen gebildet, wie sie die Weser auch gegenwärtig noch mit sich führt. Eine
Ausnahme bildet nur das Vorkommen fester Thonbänke von anscheinend älterer
Herkunft zwischen Bremen und Vegesack, sowie von eisenhaltigen Sandschichten,
die in der Nähe von Farge durchbaggert worden sind. Letztere werden wohl
dem weichen Ortsteine nahestehen, über dessen Auftreten im Oberlaufe der Unteren
Weser schon berichtet ist. An gekörnten Sinkstoffen kommt Sand von allen
Feinheitsgraden und in der tiefen Stromrinne sehr feiner Grand vor, mit Ge—
chieben bis Erbsengröße, die aber nur bei hohem Oberwasser zugeführt werden
und im obersten Theile des Tidegebiets liegen bleiben oder doch erst nach
starker Abschleifung weiter abwärts wandern. Der gröbere Sand wird nur auf
der Stromsohle fortbewegt. Ein beträchtlicher Theil der gekörnten Sinkstoffe
wird durch das unablässige Hinundherwandern mit den Tideströmungen zu feinem
Schlamm aufaearbeitet und bildet. im Wasser zertheilt, mit den vom Binnen—