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Von Lücken in der Thalwand, durch welche die Nebenflüsse zur Weser
ließen, kann also nicht die Rede sein. Wohl aber macht erst ein Blick auf die
wichtigsten Nebenflüsse verständlich, wo wir die Grenzen des Weserthals zu suchen
haben. Das unweit Liebenau dem Stromlaufe sich nähernde Höhenland, ein
Theil der Nordwestdeutschen Bodenschwelle, bildet den nördlichen Saum einer
Niederung, die von der Großen Aue in west⸗östlicher Richtung durchflossen wird;
dies ist der einzige namhafte Wasserlauf, den die Mittlere Weser von links
mpfängt. Kurz unterhalb der Auemündung tritt der größte rechtseitige Zufluß
hinzu, der aus dem Steinhuder Meere kommende, eine nördlich gerichtete
Niederung durchfließende Meerbach. Weit mehr Bedeutung besitzt jedoch die
uinweit Verden mündende Aller, deren westnordwestliche Richtung von der Unteren
Weser aufgenommen und bis Elsfleth beibehalten wird, wo der Stromlauf gegen
Norden umbiegt. Das von Vegesack ab die östliche Begrenzung der Wesermarschen
hildende Geestland wird durch die breite Niederung der nach Vereinigung mit
der Hamme als Lesum bezeichneten Wümme von dem Geestgelände getrennt, an
dem die Untere Weser nach Aufnahme der Aller entlang fließt. Links nimmt
der Strom bei Elsfleth die Hunte auf, die bei Oldenburg in das Marschland
übergeht und dabei ihre bisherige Nordrichtung durch Umbiegung gegen Osten
berläßt. Von den zwischen der Großen Aue und der Hunte mündenden Ge⸗
wässern erhält nur die bei Vegesack mündende Ochtum nennenswerthe Speisung
aus dem linkseitigen Höhenlande, wogegen die Eyter und Emte Niederungs—
wasserläufe sind.
Schreiten wir nun mit der Betrachtung rückwärts, von Oldenburg be—
zinnend, so ergiebt sich, daß zwischen den Niederungen der unteren Hunte, der
Ochtum und der Weser keine natürlichen Grenzen bestehen. Vielmehr gehören
ie von dort ab, wo die Weser in den Bereich der Tideerscheinung eintritt, ge—
neinsam dem großen Mündungsbecken des Stromes an, das sich über die jetzige
Wasserscheide hinweg in das Jadegebiet ausdehnt und nach Westen hin besäumt
dird von dem Geestlande zwischen Oldenburg und Varel. Eine anschauliche
Schilderung dieser, parallel mit der rechtseitigen Thalwand des Mündungsbeckens,
Jordwärts ziehenden, „steil abfallenden Anhöhen von Loyerberg, Rastederberg
ind Jaderberg“ giebt Salfeld“): „Diese Geest hat eine mittlere Höhe von 20
Ais 30 mw über dem Ebbespiegel. Dem von Rordposten durch die waldleeren
Butjadinger Marschen und die niedrigeren Moore bei Loyermoor kommenden
Wanderer erscheint dieses Geestplateau mit dem darauf befindlichen Hochwald von
fsern wie ein hoher Gebirgszug, und durch die eigenthümliche Beleuchtung wird
an gewissen Sommertagen die Täuschung vermehrt.“ Man muß sich also daran
gewöhnen, die linkseitige Thalwand der Unteren Weser in weitem Abstande vom
jetzigen Stromlaufe ausfindig zu machen, was nicht überall leicht ist, da auf
ängeren Strecken der Uebergang vom Höhenlande zu den Niederungen ganz all—⸗
mählich erfolgt. Von Oldenburg bis in die Gegend von Bremen bleibt die ost—
westlich gerichtete Bremen —Oldenburger Bahn in Nähe dieses Ueberganges. So⸗
*) Salfeld „Die Hochmoore auf dem früheren Weser-Delta“. Zeitschr. d. Ges.f.
Erdkunde zu Berlin. Jahrg. 1881, S. 161. Thatsächlich hat der Geestrücken etwas ge—
ringere Höhe, als der Verfasser angiebt, wie auf S. 128 nachgewiesen wird.