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mittleres Gefälle herausbilden müssen, als bei seiner gleichmäßigeren Vertheilung
durch Menge und Schwere der Geschiebe bedingt gewesen wäre.
Das im Ganzen vorhandene Uebermaß von Stromkraft vergrößert sich
neuerdings dadurch, daß der Schiffahrt wegen neue Ablagerungen gröberer Ge—
schiebe, die der Strom nicht schon in kurzer Frist fortzuschaffen vermag, häufig
durch Baggerung beseitigt werden, und daß durch die Verbesserung des Ufer—
schutzes an großen und kleinen Gewässern die Menge der zugebrachten Geschiebe
mehr und mehr verringert wird. Beim Ausbaue des Stromes hätte man unter
solchen Umständen vielleicht alle Köpfe gänzlich beseitigen dürfen, ohne besorgen
zu müssen, daß sie von Neuem in die Höhe wüchsen. Umso größer wäre aber,
wie schon früher einzelne Erfahrungen gezeigt hatten, die Gefahr gewesen, daß
durch die Verstärkung des Gefälles in den Pfuhlen die dort lagernden leichteren
Geschiebe in Bewegung gekommen wären und eine nutzlose Senkung des Strom—
spiegels in seiner ganzen Länge sich als Endergebniß herausgestellt hätte. Des—
Jalb sind hauptsächlich nur solche Köpfe völlig fortgeräumt worden, die ihrer ge—
ringen Höhe wegen sich blos bei niedrigeren Wasserständen bemerkbar machten.
In den anderen Fällen hat man, um schädliche Veränderungen im Gefälle der
die Geschiebe in Bewegung bringenden höheren Wasserstände zu vermeiden, sich
in der Hauptsache damit begnügt, durch Austiefen einer schmalen, über die ganze
Länge des Kopfes möglichst gleichmäßig geneigten Fahrrinne den Bedürfnissen
des Schiffsverkehrs entgegenzukommen. Soweit es sich um mittlere und höhere
Wasserftände handelt, dürfen deshalb die heutigen Gefällformen der Oberen
Weser immer noch als das durch Menschenhand zumeist nur in minder wichtigen
Finzelheiten veränderte Ergebniß des natürlichen Entwicklungsvorganges an—
resehen werden.
Bei der Betrachtung der gegenwärtigen Gefällverhältnisse kommt es haupt—
sächlich auf die mittleren und mäßig hohen Wasserstände der Weser an, denen
gegenüber die selten vorkommenden sehr niedrigen und sehr hohen Stände an
allgemeiner Bedeutung zurückstehen. Zunächst würden also die Gefällelinien des
Mittelwassers und des mittleren Hochwassers zu behandeln sein, etwa für die Jahres—
reihe 1871, 1900, die auch in der 3. Abtheilung für die Darstellung des Abflußvor⸗
— wird. Die Vergleichung dieser gemittelten
Pegelstände mit denjenigen, die sich durch Aufnahme von Spiegelnivellements bei
hnen möglichst nahekommenden Beharrungszuständen und Hochfluthen des Stromes
neuerdings ergeben haben, zeigt aber' von Ort zu Ort einen unregelmäßigen und
nicht ganz unbedeutenden Wechsel der Höhenunterschiede. Die Spiegellinie des
Mittelwassers und die Scheitellinie des mittleren Hochwassers würde also von
einem Pegel zum anderen nicht ohne willkürliche Abweichung von dem wirklichen
Befunde verzeichnet werden können. In gewissem Maße werden solche Unter—
schiede immer vorhanden sein, schon deshalb, weil der thatsächliche Verlauf der
Spiegellinien im Flusse nur von der Beschaffenheit seines Bettes unterhalb dieses
Spiegels abhängt, während auf die Rechnungsgröße der Wasserstands⸗Mittel⸗
werthe auch die höheren Wasserstände ihren Einfluß üben, der je nach Gestaltung
der oberen Theile des Strombetts und des Ueberschwemmungsgebiets von Ort
zu Ort verschieden ist.