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der Reihe mit vorwiegend trockenen Jahren. Zwischen den beiden nassen Jahres—
reihen besteht insofern eine erhebliche Verschiedenheit, als 1836,55 die Verthei—
ung der Hochfluthen auf die einzelnen Jahre viel gleichmäßiger war, wogegen
sie sich 1876/95 mehr auf einzelne Jahre zusammendrängten. Denn 1836,55
hatten 17 Jahre Hochfluthen und nur 3 blieben davon frei, während 1876,95
12 Jahre mit Hochfluthen 8 Jahren ohne solche gegenüberstehen. In dieser
Beziehung ähnelt der letztgenannte Zeitraum einigermaßen der trockenen Jahres—
reihe, die 10 Jahre mit und 10 Jahre ohne Hochfluthen hatte. In den Jahren
1856/59, 1863/64, 1866 und 1872,74 sind weder allgemeine Hochfluthen, noch
Hochwassergipfel an einzelnen Pegelstellen eingetreten. Andererseits kamen inner—
halb dieser trockenen Jahresreihe einige sehr nasse Jahre vor, namentlich 1867,71
mit zusammen 9 Hochfluthen in einem Jahrfünft.
2. Aeltere Hochfluthen bis 1835.
Während sich die allgemeine Betrachtung über die Eigenschaften der Weser—
yochfluthen hauptsächlich auf den Zeitraum 1871,00 bezieht, aus dem so zahl—
reiche Pegelbeobachtungen vorliegen, daß für die Vorarbeiten zur Wasserstands—
ooraussage genaue Einzeldarstellungen über den Verlauf der Hochfluthen an—
gefertigt werden konnten, war dies für die früheren Jahrzehnte nur in be—
schränkterem Maße möglich. Indessen haben doch für die wichtigsten Hochwasser—
erscheinungen bis rückwärts zu den vierziger Jahren durch die Beobachtungen
an immerhin noch genügend vielen Pegelstellen einigermaßen ausreichende Auf—
schlüsse erlangt werden können, und sogar für die zweite Hälfte der dreißiger
Jahre standen zuverlässige Beobachtungen an 10 Pegelstellen zur Verfügung.
Weiter zurück als 1836 reichen die verwendbaren Pegelablesungen nur an 5 Stellen,
von denen blos 2 (Lüchtringen und Rinteln) der Oberen Weser angehören, die
übrigen 3 (Minden, Petershagen, Schlüsselburg) dem Oberlaufe der Mittleren
Weser. Diese Vertheilung der ältesten Pegelstellen ist so ungünstig und ihre Zahl
so gering, daß ihre Beobachtungen nur einige Anhaltspunkte über das Auftreten
von Hochfluthen, aber kein Bild über deren Verlauf geben. Bis zum Jahre 1835
nüssen wir uns also mit lückenhaften Ueberlieferungen begnügen.
Die soweit bekannt älteste Nachricht über Hochfluthen der Weser wird in
Lotze's Geschichte der Stadt Münden (vergl. S. 147) mitgetheilt, wo es heißt,
daß im Jahre 987 nach ungemein hohem Schnee plötzliches Thauwetter eine sehr
hohe Anschwellung des Stromes verursacht habe und großer Schaden dadurch
entstanden sei. An demselben Orte werden weitere außerordentliche Wasserfluthen
der Jahre 1008 (Januar), 1012, 1020, 1150 (Mai), 1152, 1162 und 1179
erwähnt, während aus dem folgenden Jahrhundert nur die einzige von 1274 an—
geführt ist. Neben dem Schaden an Hab und Gut wird öfters der große Ver—
lust an Menschenleben und Vieh hervorgehoben, und man hat keine Ursache, dies
für Uebertreibung zu halten. Dieselben natürlichen Verhältnisse, die noch heute
die Anwohner des Stromes nöthigen, ihre Siedelungen vielfach in das Ueber—
schwemmungsgebiet des Stromes hineinzubauen, bestanden früher mindestens in
gleichem Maße, und damals wie heute wird die Weser dann und wann über
Nacht um 2 bis 3 Meter gestiegen sein, sodaß sie wohl die ahnungaslosen Be—