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wohner des Thales in ihren aus Holz und Lehm leicht gebauten Gehöften
schlafend überraschen mochte. Im 14. Jahrhundert folgte auf ein minder bedeuten—
des Hochwasser von 1306 die in ihrer Art einzig dastehende Flutherscheinung vom
Juli 1342, der wir nähere Beachtung schon deshalb schenken müssen, weil sie die
Regel durchbricht, wonach bei der Weser die Sommerhochfluthen von weit ge—
ringerer Bedeutung als die Winterhochfluthen sind.
Für die sonstigen Hochwassernachrichten aus älterer Zeit, die lediglich Be—
stätigungen des aus den letzten Jahrzehnten über den Verlauf der Hochfluthen
Bekannten und Belege für die Gleichartigkeit solcher Erscheinungen in der Ver—
gangenheit liefern, genügten die Mittheilungen aus zweiter oder dritter Hand,
wie sich solche z. B. in den Geschichten der Städte Münden, Hameln, Minden
und Bremen finden. Dagegen war für die Hochfluth;, von 1342 ein Zurückgehen
auf die zeitgenössischen Geschichtsquellen umso mehr geboten, als die Nachrichten
über ihr Auftreten an der Weser im Juli nicht übereinstimmten mit der im
Bd. II auf S. 420 abgedruckten Angabe Landau's, wonach bei Kassel im Januar
1342 eine außerordentliche Hochfluth nach 15-wöchentlichem Frostwetter gefolgt
sein soll. An und für sich war diese letztere Angabe, obgleich der hartnäckige
Frost schon Mitte Oktober begonnen haben müßte, wahrscheinlicher als die Nach—
richten über eine so ungewöhnliche Hochfluth im Juli. Denn fast ausnahmslos
haben die späteren großen Hochwassererscheinungen im Winter, Herbste und Früh—
sahre stattgefunden, im Sommer aber blos solche zweiten oder dritten Ranges
und auch diese nur selten. Durch gütige Vermittlung eines Fachgelehrten, des
Zölner Archivdirektors Professor Dr. Hansen, sind uns zahlreiche auf das Weser—
stromgebiet und einige Nachbargebiete bezügliche Quellenangaben über die Hoch—
vassererscheinung von 1842 zur Verfügung gestellt worden, auf denen folgende
Schilderung beruht.
Ein die Zeitgenossen erschreckendes und noch lange Jahre hindurch in Er—
innerung gebliebenes Ereigniß von ungewöhnlicher Verbreitung war die Hochfluth—
erscheinung vom Juli 1342, über deren verheerendes Auftreten „in allen Landen“
zuverlässige Chroniken der deutschen Städte und Landschaften übereinstimmend von
Dresden wie von Mainz, von Regensburg wie von Minden und von vielen
inderen Orten in den Gebieten des Rheines, der Donau, der Weser und der
Elbe berichten. Die Zerstörung der Brücken zu Würzburg, Frankfurt, Bamberg,
Regensburg und Dresden, sowie der Einsturz eines Theiles der Mainzer Stadt—
mauer bezeugt die unerhörte Gewaltsamkeit, mit der die Fluthen überall herein—
drachen. Im Wesergebiete richtete schon die Werra arge Verwüstungen an „und
warff der Stadmauren oben zu Creutzburgk ein stuck nyder, das mann mitt schiffen
ynn die Stadt fuere, und thatt großen schaden.“ In Münden hatten die „Weser
und Fulda“, wie die Inschrift an der Hochwassermarke sagt, die ganze Stadt
mit Ausnahme der Höhe bei der Aegidienkirche mehrere Tage lang unter Wasser
gesetzt, viele Häuser zum Einsturze gebracht und auch sonst viel Gut vernichtet.
Kaum besser sah es in Hameln aus. In Minden drang nach dem ausführlichen
Berichte eines Zeitgenossen, Heinrichs von Herford, das Wasser durch den Dom
his auf den Markt; es überstieg die hohe Weserbrücke und riß sie theilweise mit
ich fort. Auf den Fluthen sah man Hausrath aller Art, Vieh, Bäume und