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Westen nicht ausgeblieben sein; man wird deshalb aus dem Bilde der jährlichen
Wasserstandsänderungen nur mit einigem Vorbehalte ins Einzelne gehende Schlüsse
ziehen dürfen.
Im Gegensatze hierzu ist aus den Zahlen der mehrjährigen Mittelwerthe
ein regelmäßiger Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Wasserwechsel der Aller
und den Veränderungen ihres Bettes zu erkennen. An der Aller entsprechen den in
den Zeiträumen 1866,71 und 1876,83 eingetretenen stärkeren Senkungen Gruppen
nasser Jahre, den in den Zeiträumen 1872,75 und seit 1886 vorgekommenen
schwächeren Senkungen oder Hebungen des Flußbetts Gruppen trockener Jahre.
Hierbei ist indessen zu bemerken, daß die Gruppierung der abflußreichen und
abflußarmen Jahre für die Aller nicht völlig mit denjenigen für die Weser über—
einstimmt, weil die einzelnen Theile ihrer Gebiete doch schon zu weit auseinander
liegen und auch in ihren Eigenschaften zu verschieden sind, um ganz überein—
stimmende meteorologische Erscheinungen aufzuweisen. Außerdem wird wie in
den Stromgebieten der Elbe, Oder und Weichsel, auch im Weserstromgebiete der
Abflußvorgang des Hauptstroms vorwiegend durch die Quell- und Nebenflüsse
des Gebirgslandes beherrscht, während der gewissermaßen selbständige Neben—
strom (bei der Weser die Aller, bei der Elbe die Havel, bei der Oder die
Warthe, bei der Weichsel der Narew) die Eigenschaften der Flachlandgewässer
in ausgeprägter Weise zeigt. Da aber die meteorologischen Verhältnisse auf den
Abfluß aus dem Gebirgslande häufig anders einwirken als auf den Abfluß aus
dem Flachlande, so fallen die Gruppen wasserreicher und wasserarmer Jahre bei
den Wasserläufen des Gebirgs- und Flachlandes nur theilweise zusammen. In
wie weit die einzelnen Jahre wasserreich oder wasserarm gewesen sind, läßt sich
sehr gut aus einer Darstellung der Häufigkeit der Wasserstände erkennen. Eine
solche Darstellung zeigt bei diesem Vergleiche den außerordentlich starken Rückgang
der mittleren und höheren Wasserstände seit der Mitte der achtziger Jahre, der
die von da ab beginnende Auflandung des Bettes der Aller als eine durch un—
gewöhnliche Witterungsverhältnisse verursachte Erscheinung erkennen läßt.
Die geringfügigen Arbeiten, die nach den auf S. 240 gemachten Angaben
an der schiffbaren Aller erst seit 1890 ausgeführt worden sind, denen aber die
Uferanlieger die schädliche Senkung der Wasserstände zuschreiben, können offenbar
keine durchgreifende Wirkung auf die Veränderung der Wasserstände ausgeübt
haben; sicherlich sind sie nicht mit der nur in der Zeit vor 1890 beobachteten
Senkung der Wasserstände irgendwie in Verbindung zu bringen. Auch in den
Schwankungen, welche die Hebung der Wasserstände im letzten Jahrzehnte begleiten,
läßt sich nirgends eine schädliche Einwirkung der Ausbauarbeiten erkennen. Beim
Pegel zu Celle, an dem sich der Einfluß am deutlichsten zeigen müßte, ist sogar
gerade die stärkste Hebung der Wasserstände eingetreten, und zwar selbst in den letzten
3 Jahren, als in der oberen Flußstrecke verhältnißmäßig viel gebaggert worden ist.
Wenn trotzdem die Anwohner im Laufe der letzten Jahre eine Senkung
der Wasserstände um 0,50 bis 0,60 mbeobachtet haben wollen, so läßt sich
eine solche Verschiebung der Spiegelhöhe nur aus einer Hebung der Ufer durch
Auflandung erklären, und thatsächlich kann man eine nicht unbeträchtliche Hebung
der Uferrehnen feststellen. Trotzdem in den letzten Jahrzehnten mehrfach Ein—