Full text: Die Aller und die Ems (Band 4)

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iung verlieren. Diese Erscheinung war auch an den in Bd. II beschriebenen größeren 
Flüfsen zu bemerken, und auf S. 412 ist dort auch ihre Erklärung versucht. 
Das MNM steigt für die beiden Hauptmonate der Schneeschmelze, abgesehen 
von der Pegelstelle Winsen, über das MW des Jahres, was mit ein Kennzeichen 
dafür ist, daß man die Aller auch hinsichtlich ihres Abflußvorgangs als einen 
typischen Flachlandfluß zu betrachten hat. Denn bei den Flüssen, die vorwiegend 
gebirgige Niederschlagsgebiete besitzen, gehen die Wasserstandsschwankungen so 
lebhaft vor sich, daß auch in Monaten mit hohem Mittelwasser leicht einige Tage 
mit geringem Wasserstande vorkommen, wodurch das ANW nothwendig in niedri— 
geren Grenzen gehalten wird als bei den trägeren Flachlandflüssen. Man kann 
sich hiervon an den in Bd. II und im Tabellenbande mitgetheilten Reihen der 
jährlichen Wasserstandsbewegung überzeugen; denn wenn man die Flüsse, mit 
dem Quellgebiete der Weser beginnend, nach einander betrachtet, so ist die Große Aue 
unter ihnen der erste, bei dem die Linie des ANW das MW des Jahres über— 
schreitet, was jedoch auch erst an der unteren Flußstrecke geschieht, auf deren 
Abflußvorgang die großen Moore zu beiden Seiten des Flusses sicherlich sehr 
ausgleichend einwirken. Und so ist es möglicherweise kein bloßer Zufall, daß bei 
der Aller grade an der Pegelstelle Winsen der Scheitel der MNW-Linie am 
tiefsten, nämlich unter dem MIW des Jahres bleibt; denn grade hier läßt das 
abweichende Verhalten sich am ehesten auf die Oker zurückführen, bei der das 
MNW der Frühjahrsmonate ebenfalls das Jahresmittelwasser nicht ganz erreicht. 
Den Winter kann man nach diesen Betrachtungen kurz als die Jahreshälfte 
hoher, den Sommer als die niedriger Wasserstände bezeichnen, was nicht allein 
für die Mittelwerthe, sondern auch für die äußersten bisher bekannt gewordenen 
Wasserstände zutrifft. Denn sein bedeutendstes Hochwasser neuerer Zeit hatte 
der Fluß im März 1881; dagegen trat der tiefste Wasserstand an der Mehrzahl 
der Pegelstellen, namentlich an denen des Unterlaufs, im Juli 1893 ein. Der 
Wassermangel wurde damals ganz außerordentlich fühlbar, was zu vielen An— 
griffen gegen die vom Staate ausgeführten Flußbauten führte. Man übersah 
hierbei, daß nicht allein die Aller, sondern das gesammte Gewässernetz der Weser 
von dem Mißstande betroffen war, dessen wahre Ursache im Bd. III Abth. 3 
Kap. 3 nachgewiesen ist. Außerdem erinnerte man sich nicht daran, daß 
schon 28 Jahre früher das Wasser ebenso tief aus dem Flußbette geschwunden 
war. Denn an der Pegelstelle Westen belief sich der Wasserstand des 4. August 
1865 auf — 0,37 m, der des 11. Juli 1803 auf — 0,36 m, und diese An— 
gaben können als gleichbedeutend gelten, da das Mittelwasser an dieser Pegel—⸗ 
stelle seine Höhenlage ziemlich festgehalten hat; insbesondere weicht das AW 
für das Jahrzehnt 1861,70 von dem für 1891/1900 nicht viel ab, da ersteres 
1,02 m, letzteres 0,94 m beträgt. 
Der Spielraum zwischen dem tiefsten und dem höchsten bekannten Wasser⸗ 
stande ist oberhalb der Mündung der Oker nur gering. An der Grafhorster 
Schleuse, wo bei Hochwasser freilich etwas Wasser in das Elbegebiet abgelassen 
wird, beträgt er 1,60 m, bei Brenneckenbrück 2,49 m. Da auch die Querschnitte 
des Flusses hier noch recht klein sind, so zeigt sich schon hierin, eine wie geringe 
Bedeutung die Hochwassererscheinungen oberhalb der Oker besitzen.
	        
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