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Höhe emporstiegen, so findet man bei Winsen diese Höhe (rd. 2,60 m a. P.) seit
1860 während des Sommers nur im Juli 1871 überschritten, bei Westen aber
rd. 3,00 m a. P.) seit 1833 außerdem noch im Juli 1861. Für das Winter—
halbjahr sind dagegen bei Winsen 27, bei Westen 35 Fluthgipfel von der an—
gegebenen Höhe zu zählen, die bei Winsen sich insgesammt über 120 Tage,
bei Westen über 145 erstrecken. Durchschnittlich umfaßte ein Fluthgipfel also
bei Winsen 4,4, bei Westen 4,1 Tage. Da hierbei nur Tage gerechnet sind,
deren Wasserstand verhältnißmäßig wenig unter der betreffenden Scheitelhöhe lag,
so läßt sich schon an diesen Zahlen ermessen, eine wie ungemein flache Form die
Fluthwellen der Aller zu besitzen pflegen. Im Februar, März 1880 ging diese
Dehnung so weit, daß der Wasserspiegel 27 Tage lang an den Pegeln zu Westen
und zu Verden mehr als 2mmn betrug, davon an 22 Tagen ununterbrochen mehr
als 2,50 m (Tabellenband S. 150).
Da in dem Gebiete zur rechten Seite des Flusses nur sehr mäßige Er—
hebungen auftreten und namentlich das moorerfüllte Becken des Drömlings das
Wasser nur langsam an den Oberlauf des Flusses abgiebt, so bereitet sich schon
hier die flache Form der Fluthwellen vor. In der Oker strömt das Hochwasser
dagegen trotz der vielen Abflußhindernisse so viel rascher vorwärts, daß es das
Bett der Aller schon anfüllt, wenn bei Brenneckenbrück vielleicht noch mehr als
eine halbe Woche bis zum Eintritt des Fluthscheitels verstreicht. Unterhalb
der Okermündung trägt je nach dem gegenseitigen Stärkeverhältniß das Oker—
oder aber erst das Allerhochwasser den Fluthscheitel, was sich darin zeigt, daß
der Höchststand bei Langlingen manchmal einen Tag oder auch mehrere früher
auftritt als bei Brenneckenbrück, in anderen Fällen an demselben Tage, oft aber
auch erst einen oder zwei Tage später. Jedoch pflegt das Hochwasser der Oker
dem der Aller nicht als besondere Fluthwelle vorauszulaufen. Denn obschon die
Fluthwellen der Oker an deren Oberlauf oft äußerst ungestüm auftreten, dehnen
sie sich gewöhnlich infolge der erwähnten Abflußhindernisse und der Verminderung
des Gefälles weiter abwärts derartig, daß der Fluthgipfel der Aller sich noch
unmittelbar auf den Rücken der Okerwelle schiebt, zumal die zahlreichen vorher
oon der Aller aufgenommenen Seitengewässer infolge ihrer geringeren Länge ihr
Wasser früher bringen als diese selbst. Auch die größeren, unterhalb der Oker
mündenden Nebenflüsse kommen mit ihrem Hochwasser zuweilen schon so zeitig,
daß der Höchststand an demselben Tage von Langlingen aus bis hinunter in die
Mündungstrecke der Aller beobachtet wird; so zeigt die Tabelle, daß die Fuhse
an der Pegelstelle Dollbergen den Höchststand durchschnittlich 2 Tage früher hat
als die Aller bei Brenneckenbrück, und auch das Wietzefließ, sowie die von der
Lüneburger Heide kommenden Wasserläufe bewirken gewiß eine Anhebung des
Wasserspiegels schon vor dem Eintreffen der Fluthwelle aus dem Mittellaufe
der Aller. Gewöhnlich verstreichen aber nach dem Erscheinen des Höchststandes
bei Langlingen doch ein bis zwei Tage, ehe er die Mündung der Leine erreicht,
deren merklich spitzerer Fluthscheitel dem der Aller gewöhnlich nur so wenig voraus
ist, daß die Hochwassermenge beider Gewässer sich fast noch vollständig mit ein—
ander vereinigen.