Oersteds Entdeckung und seine Auffassung derselben. 3
An allem physikalischen Wissen lassen sich drei Stücke unter-
scheiden: neben den Erfahrungstatsachen, dem zumeist experi-
mentell festgestellten, von der Natur unserm Denken unveränderlich
zegebenen Stoffe, tritt die quantitativ vergleichende Prüfung und
Zusammenfassung als mathematische Formulierung immer
deutlich hervor; aber drittens erhebt sich eine, größere oder kleinere
Erfahrungsgruppen beherrschende Idee aus dem Nachdenken, ohne
lie es uns nicht gelingt, oder doch nicht bequem genug erscheint,
den Stoff so zu bewältigen, wie wir es beabsichtigen, nämlich so,
jaß wir Erscheinungen vorauszusehen vermögen. Diese Idee, die
oft nur als physikalischer Begriff, oft als Grundlage einer Theorie,
als Hypothese auftritt, ist historisch veränderlich, so sehr sie auch
yeneigt ist, den Anspruch zu erheben, daß sie die über den Er-
scheinungen stehende „Wahrheit“ sei. Denn welche Idee unter allen
einer Erfahrungsgruppe anzupassenden die zweckmäßigste ist, das
wird, weil mit der Erweiterung unserer Erfahrungen auch diese
Gruppe in neue Beziehungen tritt, von verschiedenen Zeiten, nicht
selten sogar von verschiedenen Forschern derselben Zeit, verschieden
veantwortet werden.
So suchte auch OxgrRstED seine Versuchsergebnisse einer alle
Fälle umfassenden Idee unterzuordnen, aber freilich gerät er in eine
zeistreich vage Verallgemeinerung, wenn er sagt: „Die Wirkung,
welche in diesem Leiter und dem ihn umgebenden Raume statt-
indet, wollen wir elektrischen Konflikt nennen. Dieser Konflikt
beschreibt Kreise.“1 Gewiß, diese Idee erfaßt gleichsam vorahnend
den Begriff des elektrischen Feldes und seine Darstellung durch
Vektoren und Kraftlinien, — aber das ist alles noch unklar durch-
sinander gemischt und nicht zu praktisch brauchbarer Begriffsklarheit
herausgearbeitet. Es spukt schon da etwas von der naturphilo-
sophischen Richtung, die später in OERsTED, dem Verfasser des 1850
erschienenen Werkes „Der Geist in der Natur“ einen ihrer nam-
haftesten Vertreter fand.
4. Als elektrischer Konflikt tritt also das, was später von
FARADAY als elektrotonischer Zustand bezeichnet wurde, was wir heute
las elektromagnetische Feld nennen, zuerst auf: Die Idee des Feldes
ı Indem OgrsteD diese Kreisbewegung mit einer dem Drahte entlang fort-
schreitenden Bewegung verbindet, gelangt er dazu, die negative Elektrizität in
‚echtsgewundenen Spiralen bewegt zu denken, die nur auf den Nordpol fort-
stoßend wirken, während die positive Elektrizität sich in entgegengesetzter
Richtung bewegt und nur auf den Südpol wirkt.