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Kreis Heiligenstadt. I
der Stadt werden 1249 als „vetus et novum oppidum“ bezeichnet; ihre Ein-
wohner werden 1254 „cives“ genannt (wie es auf dem Stadtsiegel vom Jahre 1261
auch heißt), denen 1294 Erzbischof Gerhard I. von Mainz ihre alten Privilegien
und Freiheiten bestätigte und: vermehrte. Bei dieser Gelegenheit erlaubte er den
Bürgern den Anbau von Häusern außerhalb der Stadt. Es entstanden infolge-
dessen vor den Toren Heiligenstadts drei Vorstädte: 1. die Vorstadt vor dem
Geisleder Tore mit der St. Jakobikirche, bei der das 1797 abgebrochene Huchel-
heimer Tor dieser Vorstadt lag, 2. die Vorstadt vor dem Holzbrückentore, die
sich bis an das Hospital zum heiligen Geiste erstreckte und die Kapelle St. Georgii
besaß; das Tor dieser Vorstadt ist 1788 abgebrochen worden, 3. die Vorstadt vor
dem Bergtore mit der Kapelle St. Liborli; das Tor dieser Vorstadt ist ebenfalls
1788 abgebrochen worden. Die Tore dieser drei Vorstädte sind auf dem Flukschen
Abrisse von 1646 zu sehen. Die drei Vorstädte werden bei der Belagerung der
Stadt Heiligenstadt durch die Herzöge von Braunschweig, die Landgrafen von
Thüringen, den Landgrafen von Hessen usw. 1404 zerstört sein. 1626 standen
nur vor dem Geisleder Tore noch etliche Häuser.
Die Stadt Heiligenstadt erhielt ansehnlichen Zuwachs ihrer Kinwohnerschaft
nicht nur durch fortwährenden Zuzug von Leuten aus der näheren und ent-
fernteren Umgegend, sondern hauptsächlich auch durch die Einwanderung der
Bewohner der wüst gewordenen Nachbardörfer Huchelheim, Lamprechtsrode,
Willmerode, Riesbach, Hadewardeshausen und Bibra. Diese Leute bewirtschafteten
ihre Äcker in den Fluren ihrer ehemaligen Wohnörter von Heiligenstadt aus, so
daß diese Fluren mit zur Heiligenstädter Stadtflur gezogen wurden. Die Ries-
bacher Flur umfaßte 28 Hufen. Es mußten jährlich an. den Erzbischof von Mainz
abgeliefert werden: von den Hadewardeshäuser Äckern die Thomasgülte (Zins
am Thomastage), von den Huchelheimer Äckern 20 Malter Roggen und 20 Malter
Hafer und von den Bibraer Äckern 4 Schillinge und 2 Denare, sowie für das
Besthaupt (für das beste Pferd oder die beste Kuh beim Tode des Besitzers und
Bebauers) 5 Schillinge. Nach Hinzuschlagung der Fluren jener eingegangenen
Dörfer zur Heiligenstädter Stadtflur haben die Heiligenstädter Bürger ihre so
erweiterte Stadtflur im Osten und Westen durch Landwehren (Graben und
mit Dorngebüsch bepflanzten Wall) gegen räuberischen Einfall schon vor 1335
geschützt. Die aus jenem Jahre stammende Willkür der Stadt sagt im 8 128:
„Niemand soll von Gute, das binnen der Stadt Graben liegt, Besthaupt geben.“
Auch $ 8 des Einworts nennt „der Stadt Landwehr“. Da, wo Wege durch die
Landwehr führten, waren Schläge (Schlagbäume) angebracht, um die in die
Stadtflur führenden Wege sperren zu können. ‚Die östliche Landwehr, von der
noch größere Teile erhalten sind, zog sich von der Riesbacher Warte nach
Süden bis zur Dünwarte und die westliche Landwehr von der Elisabethhöhe
und von der Altenburg hinab nach Nordwesten bis zur Rengelröder Warte.
Im Norden der Stadtflur standen die Koddenwarte (oder Kötherwarte) und
die Fegebankswarte, und im Süden über dem Pferdebach- und Geisledetale
auf dem Iberge stand die Ibergswarte. Die auf diesen Warten stationierten
Wächter meldeten durch Signale (Emporziehen eines Korbes an einer aus-
gesteckten Stange) der Bürgerschaft das Herannahen oder den erfolgten Ein-
bruch der Räuber.