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Kreis Heiligenstadt.
gewesen zu sein, denn eine weitere Inschrift am Schlußringe des westlichsten
Mittelschiffgewölbes gibt an, daß Johannes Wirouch das Bauwerk im Jahre 1487
vollendet habe. (S. Abb. 104.) Das Werk des Wirouch umfaßt der gleichartigen,
von der übrigen Tradition des Bauwerkes durchaus abweichenden, Form der
Schlußsteine nach die drei westlichsten Gewölbe. Aber auch manche Portale
und Fenster scheinen dieser spätesten Zeit zu entstammen.
Zwei spätere Inschriften, am Chore in der Nähe jener vom Jahre 1333 ein-
gemeißelt, geben wiederum von einem großen Brandunglücke, und zwar des
Jahres 1739, Kunde; hier wird aber die glückliche Verschonung des Kirchen-
gebäudes besonders hervorgehoben. Die Hand bedeutet, daß die nächste Vers-
gruppe, die in gleicher Höhe wie die erste steht, im Anschlusse an diese
gelesen werden soll.
anno milleno . cum . septem . C . ter deno
nono . dum ., vernas . coepit . finire . calendas
martius, atque dies domini jam ...... vespere quintam
verterat . hanc urbem rursum . nox. una . perussit
in mediis tamen . his . flammis . sacra tecta stetere
sancta . globos . stinxit . flammantes virgo Maria:
et sacra servavit Nicolaus rudera, mansit.
integer Aegidius, simul optativa platea
martinus nostram defendit collegiatam
quasque via ex portis a monte et ponte vocatis
occiduas urbis transvertens terminat oras
laus aeterna deo sit in aevum gloria sanctis
quorum praesidio pars parvula mansit inusta,
Eine weitere Inschrift noch weiter unten enthält folgendes Chronogramm
in Versalien:
aeoLICVs posthaC Ignis seMper proCVL abslt
CLerVs Ita, et popVLVs noster rogat, atqVe preCatVr.
woraus sich wiederum die Jahreszahl 1739 ergibt.
Aus der späteren Baugeschichte der Kirche ist zu erwähnen, daß bei der
Übergabe der Kirche an die evangelische Gemeinde im Jahre 1803 das herrliche
Grabrelief des heiligen Aureus und Justinus mitsamt deren Reliquien nach der
Ägidienkirche überführt wurde (s. Abb. dort). In den Jahren 1811 und 1812
wurde behufs „Verschönerung der Stadt“ auf Vorschlag des westfälischen Prä-
fekten von Bülow der Kreuzgang an der Bergkirche mitsamt der darin ent-
haltenen Schule abgebrochen und als Altmaterial verkauft.?)
Eine sehr bedeutende Schädigung des sehr reichen Bestandes der Kirche
an Ausstattungsgegenständen brachte die in puritanischem Sinne vorgenommene
Erneuerung der Jahre 1863—66 mit sich.?) Man entfernte die Emporen, das
Gestühl, Altar und Kanzel und ersetzte die letzteren durch neugotische. Auch
die Abmeißelung der Innenflächen und manche ungeschickte Ergänzung am
') Schneiderwirt, Skizzen aus der Geschichte Heiligenstadts und des Eichsfeldes, S, 33 ff.
') Kulisch, Mitteilungen über die evangelische Gemeinde zu Heiligenstadt, S. 19.