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Kreis Heiligenstadt.
im Obergeschosse sogar mit Basen und Kapitälchen, während die Maßwerke der
Untergeschoßfenster mit einfachen Hohlkehlenprofilen ausgestaltet sind.
‚Bei Betrachtung der durchweg dreiteiligen Fenster des Mittelbaues fällt die
geringe Profiltiefe und demgemäß unbedeutende Schattenwirkung gegenüber den
Fensternischen der Türme und des Chores ins Auge. (S. Abb. 116.) Tatsächlich
ist hier die Mauerstärke ungleich geringer wie bei den anderen beiden Bauteilen,
die ja auch erheblich höher geführt sind. Die Profile sind im übrigen ähnlich
gestaltet wie die der Turmfenster in derselben Höhe. Die Maßwerke sind alle
etwas verschieden gezeichnet und zeigen durchweg edel geformte Bildungen der
Hochgotik. Die zweiteiligen Chorfenster haben außen zwei Rundstäbe im Profile,
die mit Hohlkehlen wechseln. (Siehe
Abb. 128.) Der Mittelpfeiler zeigt nach
außen und innen Hohlkehlenprofile.
Die Maßwerke sind in den achtziger
Jahren beim Ausbau des Chordaches
nach stilgemäßen Entwürfen ausgeführt
und tragen über den kleeblattgezierten
Spitzbögen der beiden Felder, von
West nach Ost gezählt, gleichförmige
Kreise und in diesen, etwas äußerlich
ausgerechnet, den Drei-, Vier-, Fünf-,
Sechs- und Siebenpaß.
Die Einzelformen des Inneren lassen eine merkwürdige Übereinstimmung
bei allen doch nach dem Konstruktionsschema deutlich getrennten Bauabschnitten
arkennen. Die Pfeilerbasenprofile sind, soweit überhaupt vorhanden, gleichartig
ausgebildet. Es zeugt von einer gewissen Phantasielosigkeit des Stiles, daß sich
dieselben Profile wie bei den Pfeilerbasen auch beim Sockelabsatze wieder vor-
finden. Die Kapitäle sind schwächlich und ohne eigentliche Platten gezeichnet.
Daß sie keine Ausladung, also auch keine konstruktive Bedeutung haben,
sondern nur eine markierte Stelle am Pfeiler sind, geht ja auch daraus hervor,
daß diese oberhalb des Kapitäls fortgesetzt sind, wie schon oben erwähnt. Eine
weitere Folge der Schwächlichkeit ihrer Struktur ist die, daß sie im dekorativen
Schmucke gar nicht als Einzelbildungen behandelt sind, sondern zumeist mit
einem von Dienst zu Dienst durchlaufenden Blattornament, dem sich häufig
tierische und menschliche Gestalten beimengen, umzogen sind. Eine Anzahl der
Seitenschiffkonsolen, die wohl, weil sie besser zu sehen sind, in ihrer Ausbildung
wechselreicher und liebevoller behandelt sind,.ist in Abb. 129 wiedergegeben.
Im Chore der Kirche finden wir einen zierlich mit zwei Spitzbögen überwölbten
Levitensitz, bei dem eigentümlicherweise die Konsole, auf der die inneren Bogen-
schenkel aufruhten, nicht auf uns gekommen ist. Demgegenüber ist ein sehr
reizvoll gezeichnetes Sakramentshäuschen (s. Abb. 126 u. 127) angeordnet.
Abb. 128. St. Marien. Profile der Chorfenster.
Entwicklung der Baugeschichte.
Der früheste Teil der heutigen Kirche ist der Turmbau und das angrenzende
erste Dreischiffjoch. Offenbar hat man einem älteren Kirchenschiffe, das ja, wie
wir oben gesehen haben. im 13. Jahrhundert schon längere Zeit bestanden hat,