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angehört, so liegt es nahe, anzunehmen, daß dieser Bauteil ein beim Brande des
Jahres 1333 zerstörtes älteres Kirchenschiff zu ersetzen hatte, daß man aber den
damaligen Chorteil unberührt ließ, um dort weiter Gottesdienst abhalten zu können.
Der dritte Bauabschnitt umfaßt die Erneuerung des Chores und hat sich offenbar
an den zweiten ungesäumt angeschlossen, wie durch die schon oben erwähnte
Übereinstimmung in den Einzelformen dargetan ist. Eine vorläufige Vollendung
dieses Bauteiles ist vor dem Jahre 1420 anzusetzen, da in diesem Jahre der
Altar geweiht wurde, wie Wolf nachgewiesen hat!) Die Besonderheit dieses
Bauteiles ist nur dadurch gegeben, daß der Chorbau wiederum erheblich breiter
und höher angelegt. ist, wie es dem bisherigen Bauteil entsprochen hätte. Das
Verfehlte dieses Projekts, das die Höhe ins Unmäßige steigern wollte und auch
die Notwendigkeit eines erheblichen Umbaues des Kirchenschiffes mit sich
gebracht hätte, war wohl die Ursache, warum der Bau damals in Höhe der
Fensterbogenkämpfer liegen blieb und erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts
wieder aufgenommen wurde. Dies wäre als vierter Bauabschnitt zu bezeichnen,
er umfaßte den weiteren Choraufbau einschließlich der Gewölbe und trieb die
Hochführung, wie wir oben gesehen haben, nicht so weit, wie es der Architekt
des dritten Bauabschnittes geplant hatte. Die Akten des letzten Umbaues an
der Kirche, der in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts stattfand,
berichten, daß die Chorfensterbögen jenes vierten Bauabschnittes nicht aus Wölb-
steinen, sondern aus einzelnen gradlinigen Stücken gleichsam polygonal zu-
sammengesetzt waren; vermutlich ein Zeichen, daß man die Profilstücke von der
geplanten Höherführung des dritten Bauabschnittes noch vorfand. Die Zeit, in
der die Hochführung des Chorbaues stattfand, ist durch einige Bauinschriften
bestimmt, die an der östlichsten Chorwand außen oberhalb der Fenster auf einem
Felde mit zierlicher Umrahmung angebracht sind. Dieselben sind der Zeit ent-
sprechend in lateinischen Buchstaben eingehauen und lauten wie folgt: Deo oft.
max. ın honorem intemeratae virgınıs Der Genitrictis hujus Eccel. patronae
chorum hunc a majorvbus ınchoatum superimpostto muro € lapıde secto
fornice € topho et tecto novo Senatus populusqu. heiligenstadianus absolvıt
anno MDCCAXV.
Ferner ein Chronogramm:
QVI CuorVs a rRoaAVIs CozrrVs NVnC reERFICIr ILLVM
Vrass Vulra LIsuens AVXILIaAnte roLo.
Darunter die Unterschrift:
BARTH. PFIZENREÜUTER M: D: ET CONSUL POSUIT.
Aus der ersten Inschrift geht hervor, daß der Maueraufbau und das neue
Dach im Jahre 1715 vollendet ist, während die zusammengestellten Ziffern
des Chronogramms das Jahr 1714 ergeben. Die Baumaterialien werden mit
„geschnittenem Steine“, also Werkstein für den Maueraufbau und Tuffstein für
das Gewölbe aufgeführt. Die Unterschrift gibt an, daß der Bürgermeister (consul)
und Doktor der Medizin (M D) Pfizenreuter die Inschrift gesetzt hat, der nach
1” Gesch. der Stadt Heiligenstadt, S. 139. — Das Holzwerk des Altars nach Abb. 130
stammt aus dem Jahre 1675.