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Kreis Heiligenstadt.
An der Südseite des Turmes finden wir eine Sonnenuhr, die nach Puttrich
von dem Mathematiker Athanasius Kircher, der am Jesuitenkolleg tätig war, im
Jahre 1624 angefertigt worden ist.
Von sonstigen Skulpturen müssen wir die auf Abb.130 an den Säulen noch
sichtbaren, bei jener Wiederherstellung aber nach dem Dachboden des Museums
verbrachten, wunderschönen farbigen Gestalten erwähnen, die nach Maßgabe der
einst darunter angebrachten Inschriften ihrer Stifter dem Beginne des 17. Jahr-
hunderts angehören. Sie stellen den Heiland und acht Apostel dar und haben
einstmals dem Kircheninnern sein wesentliches Gepräge gegeben. Während
man diese erhabenen Kunstwerke verbannte, hat man zwei Reliquienschreine
aufs prunkvollste wiederhergestellt und an der nördlichen und südlichen Chor-
wand angebracht (s. Abb. 142). Die Reliquien wurden in der Zeit der Reformation
Ka
Abb. 142. St. Marien. Reliquienschrein.
des KEichsfelds in thüringischen Dorfkirchen vom Erfurter Weihbischof Elgard
gesammelt und im Jahre 1606 den Jesuiten von Heiligenstadt vermacht. Hier
hat sie ein „trostlicher Schneider und Sacristan der Kirch gar schön mit Taffet
und Seiden, Silber und Perlein gekleidet“!) und so wurden sie in zwei großen
und sechs kleinen Schränken feierlich aufgestellt. Während die großen Schränke
der „Wiederherstellung“ zum Opfer gefallen und durch neugotische ersetzt sind,
sind die kleinen noch erhalten, und drei Stück davon inmitten der Abbildung
zu sehen.
Von fünf Glocken, die die Kirche noch in den achtziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts enthielt, ist jetzt nur noch die interessanteste, die Schlagglocke
vorhanden, die übrigen sind offenbar umgegossen. Die Schlagglocke hat 91 cm
unteren Durchmesser und zeigt folgende obere Umschrift:
1547 HCVDMIE
*) Aus der Schrift: „Gründlicher Bericht von den heiligen Reliquien, so in der Kirch
ad BMV zu Heiligenstadt aufbebalten ... werden, genommen aus der Historie und Jahr-
bücher des alldasigen Kollegii S. J. so auch anno 1693 im Druck ausgegangen.‘