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Kreis Heiligenstadt.
Die Mariahilfskapelle.
Bei der St. Ägidienkirche steht die Mariahilfskapelle, von der Wolf nur
berichtet,*) daß sie im Jahre 1405 bereits bestanden und von jeher als Ver-
sammlungsort der Hilfeflehenden bei elementaren Nöten gedient habe. Das
heute vorhandene Bauwerk entstammt einer Erneuerung aus den sechziger Jahren
des 19. Jahrhunderts, die so durchgreifend ausfiel, daß von dem alten Bestande
nichts zu erkennen ist. Wenn die heutige Gestaltung der früheren ähnlich ist,
so scheint dies eine der St. Annenkapelle nah verwandte Anlage gewesen zu
sein, nur daß hier die Kanten mit Strebepfeilern besetzt sind.
Auch die charakteristische Inschrift, ein Chronogramm des Jahres 1744,
ist verschwunden:
VNSERE BESTE VLrz Marla woHNET ler
zV DIr o IVwerraAV, =VLr Vs ALLEN, SEVFZEN WIR,
Abgebrochene Kirchen.
Wolf kennt außer diesen noch vier kirchliche Gebäude, von denen nichts
mehr auf uns gekommen ist.
Das älteste hiervon ist die Laurentiuskapelle, die schon 1227 erwähnt
ist. Sie stand auf dem Stiftsberge und hat dem Schloßneubau des Jahres 1736
weichen müssen. Ersetzt wurde sie durch die Schloßkapelle, die auch von
außen zugänglich war (jetzt Mädchenschule). Nach der Flukschen Zeichnung
war die Kirche rechteckig und trug einen Dachreiter.
Ferner hat vor jedem Tore, gleichwie die Hospitalkirche vor dem Holz-
brückentore, eine Kirche bestanden, und zwar: die Jakobskirche vor dem
Geisledertore, nach Wolf vermutlich aus Anlaß der Pest des Jahres 1348 als
Totenkirche errichtet. Nach der Flukschen Zeichnung hat sie einen achteckigen
Chor und ein Glockentürmchen gehabt, In den dreißiger Jahren des 19. Jahr-
hunderts wurde sie abgebrochen. Desgleichen ist die Liboriuskapelle vor
dem Bergtore und die Kreuzkapelle vor dem Holzbrückentore schon längst
abgebrochen. 2?)
Profane Bauwerke.
A. Öffentliche Gebäude.
Das Rathaus.
Das ältere Rathaus lag naturgemäß in der Altstadt, und zwar in der
hiernach benannten Rathgasse, die noch heute ihren Namen trägt. Es ist dies
das heutige Armenhaus, ein stattliches, aber schmuckloses Bauwerk aus
gotischer Zeit, das durch einen stark, vorgebauten Strebepfeiler auf der Ecke auf-
fällt. Nach Wolf?) hat es manche Wandlung erfahren: 1738 wurde es
!') a.a, O0. 8. 154.
?) Die Liboriuskapelle 1811 bei der „Verschönerung der Stadt“ unter französischer
Herrschaft s. unten.
3) a.a.0. 8. 169.