Full text: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Heiligenstadt

Die alte eichsfeldische Tracht. 
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Ärmelding. Am tiefen Brustausschnitt, den Achseleinsätzen sowie den Ärmeln 
war Stickerei von schwarzen, zuweilen auch weißen Blumen angebracht. War 
der Kittel schmutzig, so trug man ihn noch einige Zeit von links. 
Die Kniehosen von Manchester, innen mit weißer Leinwand gefüttert, 
schlossen unten fest an und wiesen an der Außenseite drei Knöpfe auf. An 
Stelle des Schlitzes hatten sie einen großen Latz, der über den Taschen fest- 
geknöpft war. Die Hosenträger wurden mit nur je einem Knopfe befestigt. 
Die zumeist blauen Strümpfe waren mit Netze (Urin mit Farbzusatz) gefärbt 
und wurden durch mehrfach über den Waden umgeschlungene Bänder festgehalten. 
Nach einem zur Befestigung am oberen Ende angeordneten Bandzuge 
trugen die hohen Lederstiefel den Namen „Zokladrschtäwl“; ihre Sohlen 
waren dicht mit Nägeln beschlagen. Auch Gamaschen waren in Gebrauch. An 
Sonn- und Festtagen trug man dagegen Halbschuhe aus grobem Rindleder, die 
mit einer Schnalle geschmückt waren. 
Als Überzieher trug man die „Schanillign“, eine Art Havelock aus 
blauem Tuche, sicher eine Errungenschaft verhältnismäßig später Jahre. 
2, Die Frauentracht. 
Während das Mädchen stets ihr gescheiteltes Haar zu zwei, später auch 
vier Zöpfen geflochten und unbedeckt trug, führte die verheiratete Frau die 
„Schtorzn‘“ als Kopfbedeckung. Am Hochzeitstage zum erstenmal wurde das 
Haar mittels der „Nistlnooln‘, Nestnadel, zu einem Knoten gebunden und mit 
der Storze bedeckt. Dies war ein Aufbau, einer spitzen Tüte ähnlich, bei dem 
über ein Pappegestell buntes oder schwarzes Pösenecker oder Vogtländer Band, 
das heißt solches aus Moiree oder Atlas, gewunden war. Zwei lange breite 
Bänder und zwei wenig kürzere Schleifen fielen hinten von der Storze über den 
Rücken, zwei schmälere unter dem Kinn zur Schleife gebundene Bände gaben 
ihr den Halt. Neben der spitzen Form dieses Kopfschmucks gab es in älteren 
Zeiten noch eine solche mit einem deckelartigen, nach hinten geneigten Ab- 
schlusse, der bestickt oder mit Perlen besetzt war. Der Name „Storzn“, mit 
Sterz (vgl. Pflugsterz) verwandt, deutet darauf hin, daß die spitze Form die 
ursprünglichere war. Es kommen auch noch die Bezeichnungen „Schtorznmitzn“, 
„Schtorzl“, „Bandmitzn“ und „Vogtländermitzn“ vor. Seit der ersten Hälfte des 
19. Jahrhunderts kam die Sitte auf, auch Kindern Storzen aufzusetzen. 
Die großen Kleidungsstücke waren: das .„Liepschticke“ (oder „Liepchn‘“), 
Leibehen, das „Middr“, das „Wamest‘“ (Wams) und der Rock. 
Das Liepschticke von schwarzem oder dunkelblauem Tuche ohne Ärmel 
war das gewöhnlichere Brustbekleidungsstück. Vorn wurde es durch eine Knopf- 
reihe geschlossen, aus den Armöffnungen trat das Hemd bis zu den Ellbogen 
vor. Sonntags und zum Tanze wurde stets ein Tuch kreuzweis darüber 
geschlagen. 
Als etwas Besseres galt das weißleinene Mieder; dies hatte Ärmel bis zum 
Ellbogen, die in einer farbigen „Krusl‘“ (Krause) endigten. Von der wieder hingen 
zum Schmucke Bänder herab. Ursprünglich dem Mieder der Tirolerin ähnlich, 
war es schließlich nichts mehr als eine Art Leibehen, das das „Wärkenhemet‘ 
verdeckte und selbst von Männern getragen wurde.
	        
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