Full text: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Grafschaft Wernigerode

Kreis Grafschaft Wernigerode. 
von Wernigerode als Familienstift gegründet. Als Pfarrkirche trat nun an die Stelle 
des Gotteshauses zu S. Georg die im Jahre 1230 noch als Kirche oder Kapelle 
bezeichnete von U. L. Frauen in der Burgstraße, die nun die Rats- oder Stadt- 
kirche wurde. Im Heideviertel aber lag jedenfalls schon in der ersten Hälfte 
des 13. Jahrhunderts, wahrscheinlich aber schon früher, die Pfarrkirche zu 
S. Nikolai, nahe der Hauptverkehrsader Wernigerodes, der Breitenstraße, hinter 
dieser Kirche nach Norden das schon 1245 erwähnte Heiligegeist- oder Nikolai- 
Hospital. Im Jahre 1391 wird noch auf dem Kirchhof eine Kapelle Unser Lieben 
Frauen erwähnt. Der Hauptaltar der zwischen 1265 und 1279 erbauten Kirche 
Johannes des Täufers wurde vom Bischof Volrad von Halberstadt geweiht, der 
von 1255 bis 1297 den Krummstab führte. Ein Bau am Chor der Kirche wurde 
im Jahre 1495 ausgeführt oder beendet. 
Ein eigenes Kloster gab es im alten Wernigerode nicht, doch war das 
anmittelbar nach der Mitte des 13. Jahrhunderts gegründete, im Laubwalde von 
Hasserode gelegene Bettelmönchskloster zur Himmelpforte vorzugsweise als ein 
Stadtkloster zu betrachten. Schon kurz vor der Gründung des Stiftes hat es die 
Aufsicht über die Stadtschule (1262), und die Brüder üben durch Predigt und 
Seelsorge eine gerade zur Zeit des Verfalls anderer Klöster und des Stiftes im 
15. Jahrhundert und bis zur Kirchenerneuerung recht segensreiche Tätigkeit. Die 
Sammelhäuser der Franziskaner und Dominikaner von Halberstadt, die in der 
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Wernigerode erbaut und 1542 nach voll- 
ständiger Durchführung der Reformation vom Rat erkauft wurden, kommen neben 
der Himmelpforte kaum in Betracht. 
Des alten Heilige-Geist-, dann Nikolai-Hospitals wurde bereits gedacht. Dazu 
kam kurz vor der Mitte des 14. Jahrhunderts das vom Graf Konrad von Werni- 
gerode als Siechenhaus für Aussätzige gegründete Hospital zu S. Georgii mit 
Kapelle oder Kirchlein westlich vor der Stadt und gegen Ende des Mittelalters 
das S. Johannis-Hospital in der Neustadt. Der letzte kirchliche Bau unmittelbar 
vor der Einführung der Reformation war die kurz vor dem Jahre 1517 gebaute 
Fronleichnams-Kapelle vor dem Westerntor. Im Zusammenhang mit dem Empor- 
kommen des gesellschaftlichen Lebens in der Stadt steht es wohl, wenn der Kaland 
des Bannes Utzleben, zu welchem Wernigerode gehörte, im 15, Jahrhundert 
seinen Sitz in Wernigerode hatte, während er ihn um die Wende des 13. und 
14. Jahrhunderts in Derenburg gehabt hatte. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts 
treten auch noch weitere weltgeistliche Brüderschaften hervor, worunter seit 1451 
die S. Sebastiansbrüderschaft der Armbrustschützen zu erwähnen ist. 
Nächst dem schon erwähnten Stammhof das älteste und jedenfalls weitaus 
merkwürdigste weltliche Gebäude der Stadt ist das am Markt gelegene nun- 
mehrige Rathaus, das als herrschaftliches Gemeindehaus ein gleich hohes Alter 
beanspruchen kann, wie die Gemeinde selbst. Kin herrschaftliches Gebäude war 
dieses Haus bis ans Ende des Mittelalters und teilweise noch bis darüber hinaus, 
trotzdem es mannigfachen Gemeindezwecken diente. 
Schon als am 27. April 1229 die Grafen von Wernigerode an diesem Haupt- 
orte ihrer Herrschaft der Gemeinschaft der Kaufleute oder Gewandschneider daselbst 
das Goslarsche Stadtrecht verliehen, war offenbar dieses ihr Ding- oder Teidinghaus 
die Stätte, wo dieses geschah. Dennoch sagt Graf Heinrich von Wernigerode erst
	        
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