Full text: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Grafschaft Wernigerode

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Kreis Grafschaft Wernigerode. 
wie Nr. 1, die Hände in den Taschen, eine breite Zunge herausstreckend. (Abb. 122.) 
5, Knapp in Eisenhut, Schild und Forellen vor sich. 6. Jungfrau. 7. Jüngling 
mit einem hohen Stengelglas. 8. Heiliger mit Buchbeutel und Kelch (?). 
9. Christophorus. 10. Johannes der Evangelist. Die Schnitzereien sind keine 
Kunstwerke ersten Ranges, im 
ganzen grob geschnitten, im Aus- 
druck scharf und übertrieben, 
aber auf die Fernwirkung ganz 
meisterhaft berechnet, die drei 
letzten sichtlich von anderer Hand, 
kleiner und feiner. 
Die Saumschwelle ist hier 
mit merklicher Absicht nur als 
Zwischenglied zwischen Balken- 
köpfen und Ständern behandelt. 
Wir sehen in ganzer Höhe ein 
Profil von Wulst, Kehle, Wulst und 
scharfer Kante eingehobelt, das 
aber je vor den Balkenköpfen ver- 
läuft, wo ein Kreis mit Vierpaß 
eingegraben ist. Das Geschoß ist 
nur 2,40 m hoch, die Ständer von 
23><36 cm stehen mit der Breit- 
seite in der Front, die Riegel und 
Fußbänder haben nur 15 cm Dicke, 
so daß die Ständer immer 8 cm vorstehen. Die Dielung bildet ohne Windelboden 
die Decke des Zwischengeschosses. Eine holzarchitektonische Spezialität bildet 
der Brüstungsriegel. Er springt 13 cm vor, ist ganz wie die Saumschwelle, doch 
durchlaufend profiliert, mit dem eigentlichen Riegel aber aus einem Holz ge- 
arbeitet und je auf drei Seiten um einige cm in die Ständer eingelassen und mit 
breiten Eisennägeln verbunden, eine gediegene, aber sehr umständliche, arbeits- 
reiche Konstruktion, die später überall zu gunsten einer aufgenagelten Latte 
zerlassen wurde. 
Die Dachbalkenlage setzt nochmals um 45 cm vor; die Balkenköpfe sind 
wie unten profiliert, die Zwischenräume mit neuerdings bemalten Füllbrettern 
geschlossen. Die Knaggen sind rein architektonisch als Konsole oder Hänge- 
zapfen gearbeitet, vorn dreiseitig abgefast, gesimsartig gekerbt, die unteren Flächen 
mit eingestochenen Maßwerken verziert. Es ist ganz die Art wie in Halberstadt 
am Hause Breiterweg 30 und am Ratskeller (1461). Vgl. Lachner, Holzbau- 
kunst I. 37. Der Dachstuhl zeigt ein doppeltes Kehlgespärre, lediglich mit 
Windrispen verstrebt. Er ist nördlich ehemals abgewalmt gewesen, was Lehm- 
grübner dahin deutet, daß der Giebel vor Aufrichtung des Rathausoberstockes 
freigestanden habe. Diese Schlußfolgerung ist unbegründet. Der Walm würde 
sich künstlerisch sogar besser als die jetzige Verschleifung mit dem Hauptdach 
vertragen. Und warum ist der andere Giebel, der doch erst recht freisteht, nicht 
abgewalmt?
	        
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