Kreis Grafschaft Wernigerode.
Seitlich davon in vier Szenen das Martyrium von drei Rittern. Daß
es sich hierbei nicht um den Grafen Dietrich und seine Gefährten, sondern um
eine Heiligenlegende handelt, ergibt sich aus den Nimben. Es ist noch nicht
gelungen, die Legende oder Darstellungen derselben ausfindig zu machen, ihr
Inhalt läßt sich jedoch ganz klar aus unserer Tafel erschließen, so anschaulich
werden die Vorgänge erzählt. 1. Die Anklage. Kin König beschuldigt die
Ritter (hier sind es nur zwei!) vor einem heiligen Bischof, dem auch noch ein
häßlicher Schurke über die Achsel ins Ohr flüstert. Dahinter holt ein Knecht
schon zur Steinigung der beiden aus, von denen der vordere ihm den Degen
übergibt. Man beachte die sprechende Mimik der Handbewegungen! — 2. Die
Kreuzigung. Während einer schon hängt und der dritte gefesselt von einem
Büttel auf seinem letzten Gange geleitet wird, beaufsichtigt der König die An-
nagelung des zweiten, womit drei Schergen diensteifrig beschäftigt sind. Die
Zerlegung der Handlung ist ganz dramatisch. — 3. Kreuzabnahme. Sie haben
hier plötzlich Dornenkronen! Der vordere wird von zwei Knechten kunstgerecht
abgenommen, der König, rechts auf einem Felsen sitzend, gibt Anweisung mit der
typischen Wegweiserhand. — 4. Grablegung. Zwei Engel betten den dritten
zwischen seine zwei Gefährten. Arme gleichmäßig über dem Leibe gekreuzt.
Die Anklänge an die Passion Christi sind nicht zu verkennen.
Auf den Flügeln vier Szenen aus dem Marienleben, Verkündigung, Geburt
(Wochenbett mit Säugling, hinten der Stall, wo Joseph den Esel tränkt), Anbetung
der Drei Könige und Darstellung im Tempel. Die Tafeln sind verhältnismäßig
gut erhalten und sie würden durch eine kunstgerechte Ernenerung wahrscheinlich
noch sehr gewinnen. In der Formensprache erinnern die Frauenköpfe zunächst
an die Altkölner und Westfalen. Die Männer sind aber schon viel naturhafter.
Der Künstler braucht zwar den einen lockigen, spitzbärtigen Kopf für alle an-
ständigen Leute, wie den süßen und weichen für die Frauen und Engel, aber
in den Schergen bietet er ganz herzhafte Charakterstudien. Auffallend schwach
ist die Zeichnung der Finger, die spitz und gliedlos wie Fäden verlaufen. Auch
die Farbe ist sehr beschränkt, neben Gold und Silber eigentlich nur rot, grün
und braun, die Schatten gering durch dunklere Töne der Lokalfarbe betont,
Lichter sind gar nicht aufgesetzt. Die Gesamtwirkung ist daher etwas eintönig,
auf Rot gestimmt, wobei die goldgelben Haare und der oft rot lasierte Goldgrund
mit eigenartigem Purpurglanz wesentlich mitwirken.
9, Dreiflügelschrein aus Altenrode. (Abb. 146) Innen Figuren,
bezeichnet: Andreas, Jakobus, Philippus, Tomas, die Köpfe mit Haar und Bart
ganz schematisch, Hände und Gewand etwas roh und steif. Die Flügel gemalt,
St. Georg, St. Antonius, Anna und Gregor, ganz gleich im Stil, in frischen, leb-
haften Farben gut erhalten. Hintergrund: Mauer und goldener Himmel. Aus
einer geringen lokalen Werkstatt um 1500.
3. Dreiflügelschrein aus Drübeck. (Abb. 147.) Figuren: Mitte
Krönung Mariä zwischen Paulus, Laurentius — Petrus, Bischof (?). Auf den Flügeln
links Magdalena, Georg, Barbara, rechts Simon, Veit, Bartholomäus. Die Köpfe
z. T. recht fein, die Falten äußerst zahm und flach. Einzelne Motive erinnern
noch an die beiden großen Schreine in St. Johannes und in Nöschenrode. So