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Kreis Grafschaft Wernigerode.
des großen deutschen Krieges ist es, daß man bei gelegentlichen Tiefgrabungen
beim Schlosse besonders wert- und kunstvolle Feldgeschütze auffand, die man noch
in der Mitte des 16. Jahrhunderts, ja noch im Jahre 1626 als zum Vorrate des
Schloß-Rüstzeuges gehörig verzeichnet hatte, von deren Verbleib man aber später
keine Ahnung hatte, obwohl diese Stücke offenbar von treuen Dienern des
Schloßherrn, um sie den Augen des Kriegsvolkes zu entziehen, beiseite geschafft
und vergraben waren. Von den jetzt die Terrasse zierenden Geschützen, der
„schönen Treiberin“ und dem Rohr mit dem Hohenzollernwappen ist bekannt,
daß sie am 26. September 1864, zwei Tage vor der Geburt Seiner Durchlaucht des
Fürsten Christian Ernst, von Arbeitern beim Legen von Gasröhren aufgefunden
wurden!). Ebenso unvermutet wurde aber bei dem von dem hochverdienten
gleichnamigen Ahnherrn unternommenen großen Umbau des Schlosses am 1. Juni
1715 von den Maurern das große Feldgeschütz mit dem gräflichen Wappen
gefunden und ausgegraben, welches wir oben als die große Nürnbergische Not-
schlange oder den durch (Andreas) Pegnitzer in Nürnberg im Jahre 1521 oder 1522
gegossenen „Falken“ glaubten in Anspruch nehmen zu können. Über das Schicksal
dieses Geschützes vermögen wir nur Vermutungen zu hegen.
Zu der Zeit, als jenes merkwürdige Feldgeschütz ausgegraben und wieder-
gefunden wurde, arbeitete man eifrig und mit großem Kostenaufwande an dem
alten Grafenschlosse, und Graf Christian Ernst, der Bauherr, der von 1710—1771
regierte, ist zwar ebenso im geistigen und geistlichen wie im nächsten Wortsinn
als ein Erbauer des Hauses Stolberg - Wernigerode zu bezeichnen, aber er und
seine Zeitgnossen im allgemeinen hegten nicht wie die Gegenwart das Bestreben,
den besonderen Stil und Kunstcharakter alter Bauwerke tunlichst und hebevoll
zu bewahren, und so nahm denn auch durch die vom Grafen Christian Ernst
beliebten Veränderungen und Neubauten das Bild des alten Schlosses, wie wir
es noch auf dem anliegenden Wernigeröder Stadtplane links unten mit seinen
Türmen und Spitzen nach einer Vorlage vom Jahre 1639 vor uns sehen, hin-
sichtlich seines geschichtlichen Kunstcharakters großen Schaden, und der alte
Grafensitz wurde zu einem wenig gegliederten kasernenartigen Baue. Freilich liegt
uns kein genauer Aufriß über die Gestalt des Bauwerkes vor, die es in den
sieben Jahrzehnten seit 1639 angenommen haben mochte. Wollen wir, uns ein
Bild von dem Charakter monumentaler Bauten machen, wie Graf Christian Ernst
sie aufführen ließ, so müssen wir unseren Blick auf das Lustschloß richten,
welches er von 1713—1719, und mit seiner inneren Zier und Ausgestaltung bis
1723 ausführen und im Jahre 1744 wieder niederlegen ließ. Dieses war mit
seinem Zubehör und seinen Gartenanlagen ein Werk im französischen zeit-
genössischen Stile eines Le Nötre. Von erhaltenen Bauwerken führt uns der
stattliche, als Orangenhaus errichtete Bau der gegenwärtigen fürstlichen Bibliothek
mit seinem merkwürdigen Hängewerk den Charakter dieser Bauten d&s überaus
tätigen Grafen noch heute vor Augen.
Graf Christian Ernsts Sohn Heinrich Ernst (+ 1778), sein Enkel Christian
Friedrich (+ 1824) und Urenkel Graf Henrich (+ 1854) haben in gleichem Sinne
geistig und baulich für das Werk ihres Ahnen weiter gewirkt, auch das Väter-
1) Wemrnigeröder Intelligenz-Blatt vom Jahre 1864, S. 337.