Full text: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Grafschaft Wernigerode

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Kreis Grafschaft Wernigerode. 
Das künstlerisch durchgebildete Fachwerk tritt zuerst mit den Bauten 
Thomas Hilleborchs (+ 1540) hervor, worüber wir nun nach den gründlichen 
Urkundenforschungen von Jacobs gut unterrichtet sind (S. 200). Wir haben von 
ihm das Schierstedtsche (jetzt Wag-) Haus, das Rathaus von 1498 und das 
gotische Haus, letzteres nur in dürftiger Abbildung (S. 127) erkennbar. Thomas 
tritt uns hier als Meister der klassischen Spätgotik entgegen, der die Vorkragungen, 
die plastische Behandlung der Knaggen, die Erker und Dächer benutzt, um der 
Hausfassade das lebendigste, schattenreichste Relief zu geben. Erfunden hat er 
die Formen nicht, sondern offenbar von Halberstadt übertragen, wo sie schon 
um 1460 fertig vorliegen. Von seinen späteren Bauten (bis 1518) ist uns nichts 
erhalten. Der Sohn Simon (tätig 1523—49) scheint von der künstlerischen Ader 
Abb. 188. Hinterhaus des gotischen Hauses 
von 1540 (nach Döring). 
des Vaters nichts geerbt zu haben. Am Neustädter Rathaus (1528) und am 
Umbau des (nunmehrigen) Rathauses (1539—42) lenkte er in schlichte Zimmer- 
mannsformen ein. 
d) Die Renaissance mit ihren völlig umgearbeiteten Formen setzt ver- 
einzelt mit dem Hofgebäude des gotischen Hauses schon 1540 ein. (Abb. 188.) Die 
Knaggen sind zu Doppelkonsolen geworden, dazwischen doppelte Schiffskehlen; 
Ständer und Fußbänder bilden Dreiecke, welche mit Fächerrosetten beschnitzt sind. 
So wiederholt sich die Gliederung auf den nun sämtlich vernichteten Häusern der 
oberen und unteren Marktstraße der 40er und 50er Jahre (S. 208, 209) und das 
Hofgebäude des Thomas Schütze 1556 dürfte das letzte Beispiel sein. Etwas 
reicher tritt uns eine Gruppe der 80er Jahre entgegen, wozu das Schäferhaus 
1581, Haus Hauer 1583, der Wohnbau im Schloß in seiner ehemaligen Gestalt 
und das Doppelhaus in der Schäferstraße (Abb. 114) gehören. Etwas anders ist 
die Dekoration bei dem Glanzstück dieser Zeit, dem Gadenstedtschen Haus (S. 212) 
von 1582, Füllungen aus Vollholz mit vielen Rosetten in Kerbschnittmanier.
	        
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