Full text: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Grafschaft Wernigerode

Kunststatistische Übersicht. Bildnerei. Malerei. 27 
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an den Pfosten des Hertzerschen Hauses im Museum. Vielleicht hätte die Aus- 
stattung der Schloßkapelle und der Oberpfarrkirche (Altar von 17 27) noch weiteres 
Material für diese Entwicklung geboten, die allem Anschein nach wieder ganz 
von Fremden getragen wurde, vielleicht Verbindungsfäden zu der meisterhaften 
Plastik am Portal der Orangerie (1751), die für unsere Betrachtung den Schluß bildet. 
3. Die Malerei. 
In der Malerei hat uns gerade das hohe Mittelalter die interessanteren 
Proben hinterlassen. Im 12. und 13. Jahrhundert wurde in der Schreibstube des 
Klosters Ilsenburg die Miniaturmalerei geübt, wovon noch einige Handschriften 
in den Bibliotheken zu Wernigerode und Wolfenbüttel zeugen. Von gleich- 
zeitigen Wandmalereien ist nur ein Bruchstück im Winterrefektorium des Klosters 
erhalten, beschädigt und erneuert, doch spürt man noch den hohen feierlichen 
Stil heraus. Ornamente und Säume waren mit Stuck aufgelegt, die Farben fast 
vergangen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß auch unter der Tünche der Kirche 
noch Reste schlummern. In die Lücke bis Ende 14. Jahrhunderts treten einige 
Werke der Nadelmalerei, die wohl im Jungfrauenkloster zu Drübeck entstanden. 
So vorerst der Magdalenenteppich (aus der Georgskapelle im Fürst Otto-Museum) 
technisch ein Meisterstück echter Klosterkunst, die Zeichnung noch im Zackenstil 
Anfang 13. Jahrhunderts. Mehr durch den Gegenstand -— ausgebildete Typologie 
der sog. Armenbibel — fesselt die Altardecke in Drübeck (2. Hälfte des 13. Jahrh.), 
die Arbeit ist sorgsam, die Zeichnung aber ziemlich formlos. Ein Seidengewebe 
des 14. Jahrhunderts aus der Oberpfarrkirche mit dem Motiv eines vorm Löwen 
auf einen Baum flüchtenden Mannes ist von südlicher, italienischer Herkunft. 
Seit Ende des 14. Jahrhunderts treten Tafelbilder auf, die in engster 
Beziehung zur Heimat stehen. Zunächst ein Epitaphgemälde des Grafen Dietrich 
1386 (Abb. 119), das leider arg gelitten hatte und fast völlig erneuert ist; nur in 
einigen Gesichtern erkennt man den süßen, idealen Ton der Zeit Meister Wilhelms 
[nteressant ist die Giebelarchitektur als Übergang zu den späteren (geschnitzten) 
Baldachinen der Altarwerke. Auch die Marienverehrung findet an dem Bilde 
3äinen starken Beleg. Deutlicher treten diese Züge auf dem gemalten Dreiflügel- 
altar aus der Schloßkapelle im Museum [Taf. 7] ebenfalls von 1386 hervor, der 
aus dem gleichen Anlaß, der Ermordung des Grafen Dietrich, gestiftet wurde. 
Hier sehen wir neben dem Devotionsakt eine unbekannte Legende von drei 
yekreuzigten Rittern, auf den Flügeln Bilder aus dem Marienleben. Der Raum- 
sinn ist ganz schwach, die Farbe eintönig, doch streben einige Köpfe kräftig aus 
der allgemeinen und schematischen Art heraus, und können als herzhafte Natur- 
studien gelten. Das Werk verdient jedenfalls als frühes, genau datiertes und gut 
erhaltenes Tafelbild die höchste Achtung. Als letzte Probe des ideal-mystischen 
Stils finden wir dann die Gemälde auf den Flügeln des Altars in St. Johannis 
‘um 1415), die aber technisch viel geringer und flüchtiger sind. Kin gemaltes 
Epitaph Graf Heinrichs (1429) und ein Altaraufsatz aus der Oberpfarrkirche 
(Kreuzigung z. T. in Reliefstuck und Heilige) sind so sehr beschädigt und erneuert, 
daß stilistisch nichts mehr aus ihnen zu holen ist. Glücklicherweise kommen 
aber auch für diese Epoche noch einige Textilien zu Hilfe, der farbenfreudige 
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