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Kreis Grafschaft Wernigerode.
Jagdteppich (um 1415) [Taf. 9] aus der Oberpfarrkirche, der wahrscheinlich ein
Hochzeitsgeschenk war, und der Marienteppich aus der Georgskapelle, beide
laienhaft und derb in der Arbeit, aber als sichere heimische Arbeit wertvoll;
zuletzt eine Borte mit Aposteln in Reliefstickerei, auch diese kunstlos.
In ein völliges Neuland werden wir durch die Flügelgemälde des braban-
tischen Altars aus St. Nikolai in der ÖOberpfarrkirche um 1480 geführt. Es ist
die Kunst Rogiers v. d. Weyden, die sich hieran in handwerksmäßiger Nach-
ahmung offenbart. Für die Zeitgenossen mag so ein echtes Stück aus dem
gelobten Lande der Malerei wichtig genug gewesen sein. Was man einige Jahr-
zehnte später selbst zu machen imstande war, sehen wir an den beiden Altar-
flügeln in Wasserleben, wo mit unendlicher Feinmalerei recht grausame Dinge
(Passion Christi) dargestellt sind. (Abb. 192.) Ein einziges Glasgemälde in Ilsen-
burg (datiert 1499) ist fast ganz erneuert.
Abb. 192, Altarflügel in der Kirche zu Wasserleben.
Nehmen wir das tüchtige,zimmerhin recht manierierte Kreuzigungsbild Adam
Offingers in Hasserode von 1598 aus, so hat die Renaissance und das Barock
fast nur geringe oder ganz betrübende Malereien hinterlassen. Die völlige
Nichtigkeit des heimischen Vermögens kann man am besten an den Epitaph-
gemälden und den Emporenbildern in Nöschenrode studieren, die von 1594
bis 1712 reichen und lediglich von einer seltenen Opferwilligkeit armer Leute
zeugen. Hans Sperling wird 1594 als Verfasser von Epitaphien (S. 110),
Michael Sperling als Maler der Emporen 1636—39 genannt (S.111). Ein
Heinrich Strigel pictor, der 1604 die Rückflügel des Altarwerkes neu bemalte,
ist der kläglichste dieser Dorfkünstler. Die Emporenbilder eines Marten Lüder
von Nordhausen in Altenrode von 1594 sind übertüncht, ein erhaltenes Abendmahl
ganz gering. Etwas besser sind die Brustbilder an der Empore in Langeln 1601
von Hans Sperling und auch einige heilige Landschaften im Stil Elsheimers