Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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Die Wahl der Lehrer von den Schulvorständen in den Schulvereinen ausgehen zu 
lassen, unterliege vielfachen Bedenken; unter Betheiligung des Kirchenvorstandes wie des 
Gemeinderaths sei sie statthaft, am besten aber denen zu überlassen, welche bisher das Recht 
dazu hatten, namentlich so lange noch das Kirchenpatronat besteht und weil die Lehrämter 
mit Kirchenämtern vielfach verbunden seien. 
Andere urtheilen, die Schule sei Staatsanstalt, darum komme dem Staate das Be— 
rufungsrecht zu. Den Schulvorständen fehle vielfach die Fähigkeit zur Beurtheilung des 
Lehrers, und durch Volkswahlen würden die Parteileidenschaften aufgeregt. Das Ansehn 
des Lehrers, welcher in manchen Gegenden nicht höher als der Gemeindehirt geachtet würde, 
steige, wenn er von der Regierung berufen werde. Jedenfalls müsse der Staatsbehörde, 
auch dem Bischof gegenüber, das Devolutionsrecht zustehen. 
Was das Disciplinarverfahren gegen untaugliche Lehrer anlangt, so sei am meisten 
die Beschleunigung desselben zu wünschen. Gerichtliches Verfahren sei nicht nöthig; gegen 
Verletzung von Rechtsgrundsätzen schütze die Theilnahme des Justitiarius der Regierung. 
Die Natur des Amts mache eine Behandlung nach andern Gesichtspunkten nothwendig, als 
sie das Strafrecht aufstelle. 
Die Landräthe sollen eine kräftigere Stellung bei Verwaltung des Schulwesens erhalten. 
ß Ob Vereinigung der geistlichen und Schul-Inspection in einer Person sei nicht überall 
räthlich. 
Der Kreis-Schul-Aufseher soll, wenn in weitem Umkreis nur wenige Schulen der 
anderen Konfession vorhanden sind, auch diese inspiciren dürfen. 
Um tüchtige Schul-Aufseher zu erhalten, sei nothwendig, die alte Vorschrift zu er— 
aeuen, daß Niemand als Prediger angestellt werde, der nicht ein Jahr im Schulfach ge— 
arbeitet habe. Ein Theil der katholischen Geistlichen (die früheren Klostergeistlichen) seien 
untüchtig zur Schulaufsicht. So lange der Staat bei der Prüfung der katholischen Geist— 
lichen nicht concurrire, dürfe diesen die Schule nicht anvertraut werden. 
Es fehle an einer Bestimmung, wer die Aufsicht über die Simultanschulen führen solle. 
Remunerationen sollen den Kreis-Schul-Aufsehern nach Einigen gar nicht, nach An— 
deren in einer festen Summe gezahlt werden. Andere beantragen Bewilligung entsprechen— 
der Diäten und Reisekosten. 
Die Mitgliedschaft der Lehrer im Schulvorstand wird ebenso entschieden bejaht als 
verneint. 
Privatschulen zu errichten soll nur da zulässig sein, wo für die öffentlichen Schulen 
nicht hinreichend gesorgt sei. Diejenigen für höheren Unterricht sollen einer besonders scharfen 
Kontrole unterliegen. Keine soll bis zur Universität vorbereiten dürfen. Ein Jahr min— 
destens müsse Jeder, der zu Universitätsstudien zugelassen werden wolle, in der Prima eines 
Gymnasiums fitzen, wenn er auch sonst anderweit vorbereitet worden sei. 
Auch Hauslehrer sollen sich einer Prüfung unterwerfen. 
Gegen die im Entwurf den Bischöfen zugestandenen Befugnisse erklären sich mehr 
oder weniger fast alle Gutachten, einige mit vollster Energie. Es sei das an sich unzu— 
träglich und eine Unbilligkeit gegen die evangelische Kirchenbehörde, welcher gleiche Rechte 
nicht eingeräumt würden. Die dem Staat vorbehaltene Oberaufsicht, resp. Zustimmung sei 
nicht genügend. Für einige Theile der Monarchie, wo selbst unter katholischer Regierung 
die Bischöfe ohne alle Rechte auf das Schulwesen geblieben seien, enthielten die diesfälligen 
Bestimmungen des Entwurfs Neuerungen, welche das höchste Befremden erregen würden. 
Die Gewährung sei ein politischer Fehler. Der Staat dürfe die Schule, in welcher seine 
Bürger ihre Bildung erhielten, nicht seiner beauftragten Behörde entziehen und einer frem⸗ 
den übergeben, die von einem ausländischen Obern abhänge.
	        
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