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außerordentlichen Regierungs-Bevollmächtigten ganz aufzuheben und die Befugnisse und
Obliegenheiten derselben, soweit diese überhaupt noch beibehalten werden können, den aka—
demischen Behörden unter unmittelbarer Aufsicht des Ministeriums zu übertragen, oder ob
es nicht dem Interesse der Universitäten förderlicher sein möchte, den außerordentlichen
Regierungs-Bevollmächtigten die Stellung von Kuratoren, wie sie vor 1819 bestanden, zu
geben, ihnen vorzugsweise die Wahrnehmung der materiellen Interessen der Universität, die
Verwaltung des Vermögens ꝛc. zu übertragen und eine Einmischung in die inneren Ange—
legenheiten der Universität, in die Disciplin, in Verleihung von Stipendien ꝛc. nur inso—
wveit eintreten zu lassen, als es die Verwaltung der Fonds der Universität mit sich bringt.
Für diese zweite Alternative scheint vorzugsweise das zu sprechen, daß es unter den
Universitätslehrern nur selten Männer giebt, welche für Verwaltungsgeschäfte geeignet sind
und daß, wenn solche auch vorhanden sind, bei der gegenwärtigen Organisation der akade—
nischen Behörden keine Garantie dafür besteht, daß grade diese jederzeit an den Geschäften
der akademischen Behörden Theil nehmen. Es wird daher, wenn kuͤnftig die Regierungs—
Bevollmächtigten ganz wegfallen und auch nicht als Kuratoren beibehalten werden sollten,
auf eine solche Organisation der akademischen Behörden hingewirkt werden müssen, welche
für eine vorschriftsmäßige Führung der Verwaltungsgeschäfte, insbesondere für eine den
allgemeinen Bestimmungen entsprechende Kassenverwaltung hinreichende Garantie darbietet.
Eine solche würde vielleicht durch einen besonderen Verwaltungsausschuß, an welchem außer
dem jedesmaligen Rektor und dem Universitätsrichter ein zu Verwaltungsgeschäften beson—
ders geeigneter Professor Theil nimmt, gewährt werden können.
Hiermit will ich jedoch nur die Hauptgesichtspunkte angedeutet haben, ohne der Be—
rathung der Universität vorzugreifen.
Demnächst wünsche ich die gutachtliche Aeußerung der Universität über eine den ver—
inderten Zeitverhältnissen entsprechende Umgestaltung der akademischen Gerichtsbarkeit zu
vernehmen. In dieser Beziehung glaube ich ein Einverständniß aller Universitäten dahin
annehmen zu können, daß diejenigen Vorschriften des Reglements vom 18. November 1819,
durch welche dem Universitätsrichter nicht nur die alleinige Entscheidung in allen Disciplinar—
sachen, in denen die Strafe in Verweis oder in Karzerstrafe bis zu 4 Tagen besteht, zu—
zewiesen, sondern auch ein überwiegender Einfluß bei den Berathungen im Senat beigelegt
ist, mit der Stellung des Senats nicht wohl vereinbar sind. Diese Bestimmungen sind
zuch auf der hiesigen Universität bereits seit einer Reihe von Jahren mit Genehmigung
meines Amtsvorgängers außer Anwendung geblieben, ohne daß daraus irgend ein Nachtheil
für die akademische Disciplin entstanden ist. Dieselben allgemein zu beseitigen, wird dem—
nach schwerlich einem Bedenken unterliegen. Es fragt sich aber, ob es nicht überhaupt
zweckmäßig sein dürfte, die akademische Strafgerichtsbarkeit auf eigentliche akademische Disci—
plinarvergehen, wie z. B. auf Beleidigung der Lehrer und akademischen Behörden, auf Ver—
rufserklärungen, einfache Studentenduelle ꝛc. zu beschränken und die Bestrafung anderer,
namentlich aller polizeilichen Kontraventionen und sonstiger Vergehen der Studirenden den
ordentlichen Gerichten des Orts zu überlassen, was nach Aufhebung des eximirten Gerichts⸗
standes auch in den Universitätsstädten, wo kein Obergericht sich befindet, keine Schwierig—
keiten haben würde. Die Civilgerichtsbarkeit der Universitätsgerichte würde, wie es scheint,
ebenfalls ohne erheblichen Nachtheil für die Disciplin aufgegeben und den ordentlichen Ge—
richten des Orts überlassen werden können. Sollte es aber, namentlich bei Bewilligung von
Stipendien und anderen Beneficien wünschenswerth erscheinen, von der ökonomischen Lage
der Studirenden nähere Kenntniß zu behalten, so würde sich vielleicht die Einrichtung treffen
lassen, daß der Universitätsrichter als ein für allemal bestallter Deputirter des Ortsgerichts
die Schuldklagen gegen Studirende instruirt und, insoweit eine kollegialische Entscheidung
dem Gegenstande nach nicht erforderlich ist, entscheidet, oder daß von Klagen gegen Stu—
dirende der Universitätsbehörde Mittheilung gemacht werde. Die mit einer solchen Umge—
staltung der akademischen Gerichtsbarkeit verbundene Verminderung der bisherigen Geschäfte