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Besondere Staatsgenehmigung soll erforderlich sein zu Beschlüssen der Universität über
das Vermögen der Universität, zur Aufstellung des Etats, zur Feststellung der Zahl der etats—
mäßigen Professoren, zur Einrichtung neuer und Umgestaltung bestehender, wissenschaftlicher Institute
und zur Abänderung der Statuten.
Der Kanzler soll übrigens, ohne Mitwirkung der Universität, vom Staat ernannt
werden, in den letzten zwei Jahren vor seiner Ernennung nicht Mitglied der Universität gewesen
tein und am Sitz der Universität wohnen.
Den Syndikus soll der Minister der Univerfität vorschlagen und diese ein unbe—
dingtes Veto dagegen haben, wogegen alle übrige Universitäts-Beamte incl. Exercitienmeister,
hon der Universität dem Minister vorgeschlagen werden sollen.
d) Greifswald will ein aus 3 Mitgliedern bestehendes Kuratorium zum Zweck der
Oberaufsicht über die Vermögens-Verwaltung und als Zwischenbehörde zwischen dem Mi—
nister und der Universität.
Ein Mitglied, zugleich Vorsitzender des Kuratoriums, ist bleibend und wird von dem Mi—
nister aus zwei, ihm durch die Universität zu präsentirenden Kandidaten ernannt.
Die beiden anderen Mitglieder werden vom General-Konzil aus der Mitte der Ordinarien auf
3 Jahre gewählt; nach den ersten 2 Jahren scheidet eins durch das Loos aus—
Das Kuratorium ist lediglich auf die Vermögens-Verwaltung beschränkt, hat die Etats dem
General-Konzil mitzutheilen und demselben über alle wichtigen Verwaltungsgegenstände Bericht zu
erstatten. Insbesondere ist dem Kuratorium jede Einwirkung auf das Lehrwesen entzogen.
Das General-Konzil steht unmittelbar unter dem Minister und muß gehört werden über
etwanige Veränderungen im Universitäts-Organismus, im Lehrwesen und über Verwendung er—
parter Geldmittel.
Das ständige Mitglied des Kuratoriums kann auch aus der Reihe der Ordinarien präsen—
tirt werden.
Acht Ordinarien befürworten die selbständige Ernennung des Vorsitzenden des Kuratoriums
durch den Minister und wollen dem Kuratorium auch eine Einwirkung auf das Lehrwesen vindiciren.
II. Akademische Gerichtsbarkeit.
1. Für gänzliche Aufhebung der akademischen Gerichtsbarkeit und aller für Studirende,
namentlich auch in Betreff der Civilansprüche an dieselben, bestehenden besonderen Gesetze und für
die daraus folgende Ausdehnung der, zur Zeit nur für minderjährige Dienstboten, Handwerks—
zesellen ꝛc. geltenden Kabinets-Ordres vom 4. Juli 1832 und 6. Dezember 1835 (GesetzeSammlung
bon 1832 S. 175 und von 1835 S. 294) auf Studirende, hat sich nur eine Universität, die zu
Königsberg, diese aber auch einstimmig entschieden.
2.“ Für Beibehaltung der akademischen Gerichtsbarkeit jedoch mit verschiedenen Be—
schränkungen haben sich ausgesprochen die Universitäten zu Breslau, Greifswald und event. Berlin.
3. Für Aufrechterhaltung der akademischen Gerichtsbarkeit in ihrem gegenwärtigen
Amfange: Berlin*), Bonn, Halle und Münster. J
Zu 1. Königsberg erwartet von der allgemeinen und unbedingten Unterordnung der Stu—
denten unter die für alle Staatsbürger geltenden Gesetze eine vortheilhaftere Einwirkung auf die
Sittlichkeit und die Haltung der Studenten, als von der akademischen Gerichtsbarkeit, welche nur
zu oft Unbesonnenheiten und Erxcessen zum Schutze diene, sie wenigstens in der Regel milder beur—
iheile, als die ordentlichen Gerichte. Negativ-Atteste der Orts- und Polizeigerichte mögen fortan
die, zu Bewerbungen und Beneficien erforderlichen Sittenzeugnisse ersetzen. — Der Verlust der
Nationalkokarde souͤ aber den Verlust des akademischen Bürgerrechts ipso jure zur Folge und bei
einer Freiheitsstrafe von vier Wochen an der Senat die Befugniß haben, die Erklusion des Be—
straften von der Universität auszusprechen. Dagegen soll eine Wegweisung aus der Universitätsstadt
nicht mehr zulässig sein.
Zu 2. Breslau und Greifswald, eventualiter auch Berlin, beantragen die Beschränkung
der akademischen Disziplinar-Gerichtsbarkeit auf bestimmte Arten von Vergehen; Breslau
insbesondere auf
*) Indem dieses nur dann, wenn eine Aenderung in Folge der neueren allgemeinen Staats-Einrich-—
tungen wirklich nothwendig sei, und wenn auch auf den übrigen deutschen Universitäten gleiche Aenderungen in
der akademischen Jurisdiktion eintreten, solche auch für die Preußischen Universitäten gestatten, principaliter also
die akademische Gerichtsbarkeit erhalten wissen will.
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