Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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I VIII. Privatdozenten. 
Das Verhältniß der Privatdozenten zur Universität soll nach der übereinstimmenden Ansicht 
aller Universitäten, sowie der Akademie zu Münster, im Wesentlichen unverändert bleiben. 
Die Privatdozenten treten demnach nicht in das Verhältniß der Staatsdiener und nehmen nicht 
Theil an den die Korporation repräsentirenden, resp. deren Rechte und Obliegenheiten wahrneh⸗ 
menden Behörden. Sie bleiben in dem bisherigen freien, nach ihrem Belieben jederzeit lösbaren 
Berhältniß zur Universität und sind die Pflanzschule für Universitätslehrer. Es soll daher auch die 
Zulassung der Privatdozenten eher erleichtert, als erschwert und jede noch bestehende drückende Be— 
stimmung beseitigt werden. Insbesondere: 
die höhere Genehmigung zur Habilitation, 
(einige verlangen die Zustimmung des Generalkonzils Behufs der Zulassung), 
die Nothwendigkeit der Ableistung der Militärpflicht vor der Habilitation,“ 
die Frist zwischen dem Abgange von der Universität und der Habilitation, 
das Verbot, gratis zu lesen, was ein Professor privatim lesen will, 
die Beschränkung auf Repetitorien in den ersten Semestern, WW 
die Pecielle Beaufsichtigung der Privatdozenten durch die Dekane, insbesondere das 
sidi des Dekans zu den Anschlägen, 
die Beschränkung der venia docendi auf gewisse Zeit. 
Außerdem werden gewünscht: 
gleichmäßige Bestimmungen für die Habilitation auf allen Universitäten, alsdann aber 
auch allgemeine Gültigkeit der Habilitation für alle Universitäten. 
Doch wollen einige Universitäten — die andern haben sich darüber nicht ausgesprochen — 
die Entziehung der venia docendi (Remotion) durch Fakultätsbeschluß beibehalten; die eine 
mit Vorbehalt des Rekurses an die Versammlung der Ordinarien und der im Seuat und in den 
Fakultäten sitzenden Extraordinarien; die andere mit Vorbehalt der Approbation des Beschlusses 
durch das Generalkonzil und der Bestätigung desselben durch den Minister. 
Dagegen verlangen die 13 Privatdozenten von Breslau Aufhebung der Warnungen und 
Verweise und der geheimen Berichte über Privatdozenten, sowie der Verpflichtung zum Opponiren 
und bestimmte Normen für die Beförderung zur Professur. 
Die 21 Ertraordinarien und Privatdozenten in Bonn schlagen in letzterer Beziehung vor, 
daß ein Privatdozent, welcher 3 Jahre gelehrt hat, auf ein Gutachten seiner Fakultät uͤber seine 
Befähigung, vorbehaltlich des Rekurses an eine auswärtige Fakultät, provoziren und auf Grund 
dessen vom Minister eine Erklärung fordern könne, ob er zum akademischen Lehramt befähigt sei. 
Wird dies verneint, so muß der Privatdozent anderweit angestellt werden. Entgegengesetzten Falls 
rangirt der Privatdozent nach seiner Anciennität mit seinen Kollegen auf den Preußischen Univer— 
sitätfen und erhält dann zugleich, um die Berufung an eine fremde Universität zu erleichtern, den 
Titel als Extraordinarius. Dieselben Petenten verlangen auch im Interesse der jüngeren Lehrer, 
daß jeder Ordinarius mit dem vollendeten 65. Lebensjahre pensionirt werde; mit 
Vorbehalt des Rechtes an jeder Preußischen Universität lesen zu dürfen. 
Die Universität Bonn wünscht außerdem, daß die Privatdozenten nach zweijähriger Aus⸗ 
übung des Lehramts: 
wenn sie Theologen sind, die Wahlfähigkeit blos durch ein Colloquium über die 
praktischen Disciplinen erwerben können, 
wenn sie Juristen sind, von der ersten und zweiten Prüfung befreit bleiben, 
wenn sie Mediciner sind, nicht das Physikatseramen zur Erlangung eines Physikats 
zu machen brauchen. 
und endlich 
wenn sie Philologen ꝛc. sind, vom Oberlehrer-Examen und Probejahr dispensirt 
werden, 
um in den praktischen Dienst leichter eintreten zu können. 
IX. Verhältniß der Studirenden. 
Keine Universität gestattet den Studirenden die von einer Minorität derselben in Anspruch 
zenommene Theilnahme an den Rektorwahlen und anderen Angelegenheiten der Universitätsverwal—⸗ 
tung. Der Jenaer Kongreß aber will bei dem Corpus academicum, welches aus allen Do— 
zenten bestehen foll, eine Beputation der Studenten mit vollem Stimmrecht für die die 
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