Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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IV. Privatunterrichtswesen. 
8. 142. Zum Privatunterricht ihrer Kinder und Pflegebefohlenen bedürfen Eltern und 
Vormünder, so wie die von denselben zu diesem Zweck als Mitglieder ihres Hausstandes 
aufgenommenen Verwandten der Kinder den Behörden gegenüber des Nachweises ihrer wissen— 
schaftlichen und technischen Befähigung nicht. Personen, welche eine Familie zum Unterricht 
hrer Kinder als Mitglieder ihres Hausstandes aufnimmt, haben in wissenschaftlicher und 
technischer Beziehung nur den Nachweis ihrer Befähigung für die Grenzen des Unterrichts 
in der öffentlichen Volksschule (8. 3) zu liefern, welcher durch Ablegung der Prüfung für 
das Pfarr- oder Schul-Amt ohne Weiteres als beigebracht angesehen wird. 
8. 143. Wer eine Privat-Unterrichts- oder Erziehungs-Anstalt errichten will, sei es, 
daß sie auf eigene Rechnung oder auf Vertrag mit bestimmten Familien unternommen wird, 
Jat zunächst außer seiner wissenschaftlichen und technischen Befähigung für die Stufen der 
zffentlichen Unterrichts-Anstalten, welchen die von ihm zu errichtende Privat-Anstalt entspricht, 
auch seine allgemeine pädagogische Befähigung zur Leitung einer Unterrichts- oder Erziehungs⸗ 
Anstalt nachzuweisen (8. 93 und 139). 
8. 144. Die sittliche Befähigung ist durch Zeugnisse der Polizei-Behörde und der 
Geistlichen des Ortes nachzuweisen, in welchem sich der Bewerber während der drei letzten 
Jahre aufgehalten hat. 
Die Errichtung von Privat-Unterrichts- und Erziehungs-Anstalten kann unter keinen 
Umständen denjenigen Personen ertheilt werden, welche wegen gemeiner oder politischer Ver⸗ 
zrechen bestraft oder mit Ehrenstrafen belegt worden sind, ferner nicht denjenigen Personen, 
welche wegen sittlicher Vergehen und Gebrechen oder ungenügender Amtsführung durch 
gerichtliches Verfahren oder auf dem Disciplinarwege aus dem geistlichen oder öffentlichen 
Schulamt entfernt worden sind. 
8. 145. Personen, welche ein Gewerbe daraus machen, in solchen Lehrgegenständen, 
die in den Kreis der verschiedenen öffentlichen Schulen gehören, Unterricht in Familien oder 
Privatanstalten zu ertheilen, sind in Bezug auf den Nachweis ihrer Befähigung nach Maaß— 
gabe der Bestimmungen in dem 8. 143 und 144 zu behandeln. 
8. 146. Von dem Nachweis ihrer Befähigung sind inländische, noch im Amt befindliche 
Beistliche und Lehrer, und auf Beibringung einer Genehmigung des Rektors, oder Direktors 
die Stuͤdirenden so wie die Schüler der beiden oberen Klassen der Gymnafien und höheren 
Bürgerschulen so wie der Seminarien entbunden. 
8. 147. Ausländer bedürfen Behufs Errichtung von Privat-Unterrichts- und Erzie— 
hungs-Anstalten sowie Behufs Ertheilung von Privatunterricht außer dem Nachweis ihrer 
Befaͤhigung der Genehmigung des Ministers des Innern. 
8. 148. Die Uebernahme von Privatunterricht ist in jedem einzelnen Fall dem Schul⸗ 
vorstand des Bezirks, die Errichtung von Privat-Unterrichts- und Erziehungs-Anstalten durch 
den Schulvorstand der Regierung anzuzeigen. 
In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn der Privatunterricht aufhört, oder wenn die 
Anstalten eingehen. 
S. 149. Die Privat-Unterrichts- und Erziehungs-Anstalten unterliegen wie die öffent— 
üchen Anstalten derselben Kategorie der Aufsicht der betreffenden Behörden und haben sich 
jederzeit den von denselben angeordneten Revisionen zu unterwerfen (8. 60 8q., 8. 67 8q., 
3. 7üSq., 8. 141). 
8. 150. Erweisen sich Privat-Unterrichts⸗ und Erziehungs-Anstalten durch die bei 
ihnen betheiligten Personen oder durch ihre Einrichtungen und ihre Wirksamkeit als der 
Religiösität und Sittlichkeit der ihnen anvertrauten Kinder oder dem öffentlichen und Staats— 
Interesse gefährlich, und erfolgt auf die Anweisung der betreffenden Behörde keine genügende 
Abänderung, so kann dem Unternehmer durch einen Plenarbeschluß der Regierung die Fort— 
führung der Anstalt untersagt werden.
	        
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