Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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Das Refkript desselben Ministeriums vom 18. September 1842 (Ministerialblatt für die Ver— 
waltung S. 340) bemerkt ausdrücklich, daß diese Bestimmungen nur von den mit Uni— 
versitätsbildung versehenen Lehrern handelt, gestattet aber ausnahmsweise die 
Zulassung geeigneter Illiteraten zu der genannten Prüfung, jedoch nur auf Grund 
iner von dem Provinzial-Schulkollegium speziell zu ertheilenden Genehmigung, welche die Regie— 
rung zu beantragen hat. 
Thatsächlich haben sich auf Grund dieser Bestimmungen die Verhältnisse so gestaltet, daß diese 
Prüfungen mit geringen Ausnahmen nur von solchen Kandidaten der Theologie abgelegt worden 
aänd, welche für das gewöhnlich mit geistlichen Funktionen verbundene Amt eines Rektors oder Kon— 
rektors an einer städtischen Schule bestimmt waren. Die Prüfung selbst erstreckte sich weniger auf die 
Erforschung der erforderlichen positiven Kenntnisse, als der allgemein pädagogischen Befähigung. 
Diese Bestimmungen können um so weniger als ausreichend angesehen werden, den nöthigen 
Bedarf genügend gebildeter Lehrer, namentlich für die oberen Klassen der Bürgerschulen zu sichern, 
als es überhaupt an einer geordneten Veranstaltung fehlt, welche den Erwerb der hierfür erfor— 
derlichen Bildung möglich macht. 
Eine solche Veranstaltung wird nunmehr in dem 8. 111 des Gesetzentwurfs in das Leben zu 
rufen versucht, und sind in den 88. 116—119 die Bestimmungen getroffen, welche den Bürgerschulen 
ein für ihre Zwecke ausreichend vorgebildetes Lehrerpersonal sichern sollen. 
Diese Einrichtung ist vorzugsweise für solche Schulamts-Kandidaten und Lehrer beabsichtigt, 
welche auf dem Grunde der Seminarbildung eine weitergehende Bildung zu erstreben im Stande 
sind, und wird in Folge hiervon sich ein Lehrerstand bilden, welcher nicht mehr, wie es seither 
zum Nachtheile des Schulwesens vielfach der Fall war, ohne eigentliche Lehrerbildung zu besitzen, 
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Die Einrichtung selbst kann in dem Gesetz nicht specialisirt werden, theils weil es überhaupt 
auf diesem Gebiete noch au Erfahrung fehlt, theils weil derselben eine individuelle Gestaltung aus 
sich selbst heraus und in Anlehnung an die vorhandenen Bedürfnisse vorbehalten bleiben muß. 
Nur das ist hier noch zu bemerken, daß solche Anstalten nicht konfessionell geschieden zu sein brauchen, 
und daß fich die Ausführung der Bestimmungen im 8. 111 in der Regel so gestalten wird, daß 
sich die betreffenden Anstalten an eine städtische wohl organisirte Bürgerschule anlehnen und die— 
selbe zum Mittelpunkt ihrer praktischen Thätigkeit machen. 
Der 8. 112 bedarf mit Rücksicht darauf, daß das Institut der Lehrerinnen zwar ein ver— 
breitetes und segensreich wirkendes ist, jedoch bis jetzt nur in einzelnen Bezirken einen umfang— 
reichen Eingang gefunden hat, keiner weiteren Begründung. 
Nachweis der Befähigung für Lehrer an den öffentlichen Volks- und 
Bürgerschulen. (8. 113-121.) 
Die in diesen Paragraphen enthaltenen Bestimmungen bezwecken die Ausführung des Art. 22 
der Verfassungs-Urkunde, wonach die Befähigung für Ertheilung von Unterricht und zur Leitung 
don Unterrichts-Anstalten den Staatsbehörden nachzuweisen ist. Die einzelnen Bestimmungen, so— 
veit sie nicht schon im Vorgehenden ihre Erläuterung gefunden, ergeben sich mit Nothwendigkeit 
aus den Bestimmungen des Entwurfs über die verschiedenen Kategorien der niederen Schulen, über 
die Lehrerbildung und die Anstellungsverhältnisse der Lehrer. 
Wenn durchweg die hier in Rede stehenden Prüfungen an die Seminarien gewiesen sind, so 
ist hierbei nicht nur die Rücksicht auf die an denselben vorhandenen, zur Prüfung geeignete Lehrer⸗ 
kräfle, sondern auch die Absicht maßgebend, die Seminarien in dieser Weise in unmittelbarem und 
lebendigen Verkehr mit den die Lehrerbildung angehenden Fragen zu erhalten. 
Daß nach 8. 113 und 119 die im Seminar vorgebildeten Zöglinge und diejenigen Schulamts— 
Kandidaten, welche sich selbständig außerhalb des Seminars vorgebildet haben, sowie diejenigen, 
welche nur Privalunterricht ertheilen wollen, einer und derselben Prüfung unterworfen werden, ist 
nothwendig, um die durch das Interesse der Schulen bedingte Gleichmäßigkeit in der Beurtheilung 
der Bildung und Befähigung der Lehrer zu sichern. 
In den 88. 114. 116. 118 und 120 ist das Nähere über die Einrichtung der vorgeschriebenen 
Prüfungen den von dem Minister der Unterrichts-Angelegenheiten zu erlassenden Reglements vor— 
behalten. Daß diese Spezialbestimmungen nicht in das Gefetz aufgenommen werden können, ist 
selbstverständlich; es fragt sich nur, ob in dem Gesetz die Grundsätze so normirend ausgesprochen 
sind, daß die Reglements durch sie Richtung und Begrenzung erfahren können und müssen, und 
wird die Beiahung dieser Frage hinsichtlich des Entwurfs keinem Bedenken unterliegen.
	        
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